Читать книгу Nicht Anfang und nicht Ende. Roman einer Rückkehr онлайн

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Im Herbst gab es Kastanien, die aßen wir drei Monate lang, früh, mittags und abends. Wir, die wir oben auf der Alp hockten, hatten ganz vergessen, wie andere Früchte schmeckten, denn Obst ist zu schwer, um es den Berg hinaufzuschleppen. Wir aßen die Heidelbeeren von den Alpweiden und vielleicht ab und zu ein paar Weintrauben; wir hatten nämlich ein Weinspalier, kelterten aber nicht, denn in unserer Ge­gend lohnt sich das nicht mehr. Die Trauben brachten sie uns nach Roseto hinüber, wo Antonio und ich bis zur Weihnachts-Novene blieben.

Dann kehrten wir mit dem Vieh ins Dorf zurück. Es gab sogar der Lawinengefahr wegen ein altes Ge­setz – es besteht wohl noch immer, hat aber ausgedient –, das den Leuten befahl, spätestens bis zum Heiligen Abend wieder in Cavergno zu sein. An diesem Tag hielt der Gemeindevorsteher auf dem Platz einen Appell ab, und wenn einer dabei fehlte, ging man nach ihm schauen.

Bis auf die Leute, die unten blieben, um zu heuen, führten alle anderen das gleiche Leben wie wir; im Frühling und Herbst auf den Weiden im Val Bavona, im Sommer oben auf den Alphütten, die stundenweit voneinander entfernt lagen. Die ganze schöne Jahreszeit lang gab es im Val Bavona eine ständige Plackerei, den Saumpfad entlang und die steilen Fußwege hinauf, vom Dorf auf die Wiesen, von den Wiesen auf die Alpweiden, von einer Alp auf die andere, von einer unbequemen Hütte zur nächsten, die noch schlimmer war, einen Steig um den anderen, bis zu den höchsten Matten hinauf, wo die Kühe mehr Flechten als Gras wiederkäuten und der Mensch sich zum Heulen einsam fühlen kann. Um hinzukommen, brauchte es damals bis zu zehn Stunden Muskelkrampf unter den schweren Lasten. Wenn einige wenige sich die Mühsal des Aufstiegs ersparen konnten, so bedeutete das nur, dass sie noch schlechter daran waren als die anderen, denn falls sie nicht Land und Kastanien in Fülle besaßen, konnte es ihnen, sofern das Geringste passierte, ganz lausig ergehen.

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