Читать книгу Nicht Anfang und nicht Ende. Roman einer Rückkehr онлайн

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Unser Vater hatte sein Leben lang gearbeitet. Ferien gab es nie, nicht einmal an seinem Hochzeitstag. Als sie fertig gegessen hatten, gingen sie zusammen die Kuh versorgen. Ich kann es mir nicht einmal ausmalen, wie sie dort allein im Stall standen und sich befangen anblickten, weil sie jetzt doch Mann und Frau waren – und wie sie einander dann schüchtern halfen, die Kuh melken, Heu herunterholen, die Streu ausbreiten – wer weiß … Und wie sie später Tag um Tag morgens aufstanden, immer nur die Arbeit im Sinn, die vor ihnen lag. Die einzige Zeit, in der er sich nicht mit der Sorge um die Arbeit quälen musste, be-vor er sich noch daranmachte, war für meinen Vater der Militärdienst. Die Mutter hatte nicht einmal das gehabt; als Mädchen hatte man sie ein, zwei Mal nach Locarno mitgenommen, das war auch alles. Und nach all der Müh und Plage und Rappenspalterei mussten sie sich noch damit abfinden, uns in eine andere Welt fortziehen zu sehen. Hier verdiente ich mit meiner Unterschrift auf einem Blatt Papier mehr, als sie in fünfzig Jahren zusammengekratzt hatten … Welche der beiden Welten war die gerechtere? Gab es eine gerechtere Welt? Ich schloss die Augen und dachte: «Ihr wisst nicht, dass ich aus Roseto bin, dass ich in Corte Nuovo geboren wurde und mein Vater mich in einer gerla zur Taufe und wieder zurück getragen hat.» Das war meine Methode, es mir leichter zu machen, mein Gewissen zu beruhigen. Nicht dass ich unred­liche Geschäfte betrieben hätte – aber das viele Geld, für das ich keinen Finger gerührt hatte, wo kam das her? Wer hatte es für mich erworben?

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