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Und Sommernachmittage sind da, Sonntage. Man liegt mit einem Buch auf irgendeinem Hügel und liest zur Abwechslung einmal Eichendorff. Eine Heuschrecke schnarrt mit roten Flügeln, Bienen ziehen Striche durch die Luft, es riecht nach Wald und dorrenden Wiesen, und manchmal bringt ein kleiner Wind den Geruch des Sees. Dann stützt man sich auf die Ellbogen und sieht unter sich das schmale blaue Seidenband, auf dem die Boote winzige unregelmäßige Muster sind. Bis der Abend kommt, und man steigt hinunter, die Andacht ist am See, unter dem Birnbaum, wir liegen alle im Kreis, die Wolken sehen aus wie angestrichene Tiere, unwahrscheinlich rote Foxterriers mit offener Schnauze oder violette Flamingos. Es ist entschieden friedlicher als im Gymnasium in Wien, denke ich, und letzthin hat der Vater geschrieben, dass in meiner frühern Klasse acht Schüler Selbstmord begangen haben. Aber das Grauen vor dieser Vergangenheit zergeht, der Hott liest gerade: «Frag mir nicht nach!»

Wir spielten Theater, und Hott machte Regie. Er machte sie gut, wie alles, was er anpackte. Warum waren wir immer misstrauisch? Wir spielten Grillparzers Der Traum ein Leben, wir spielten Shakespeare: Was Ihr wollt. Und dem «Heim» (wie der Direktor sein Besitztum nannte), dem Heim gegenüber, auf der andern Seite des Sees, war ein Mädcheninstitut, und die Mädchen übernahmen die Frauenrollen. So kam es, dass eine Rivalität ausbrach zwischen Rösel und Ted, weil beide die Rolle des Herzogs spielen wollten, der während des Stückes sich sehr mit Viola beschäftigt. Der Konflikt wurde beigelegt: Wir spielten das Stück viermal, die beiden Rivalen lernten jeder zwei Rollen, den Malvolio und den Herzog, weil beide neben dem «Getragenen» auch eine Neigung zum Komischen hatten. Mit Hott gab es natürlich noch einen Krach, ich weiß nicht mehr, weswegen, er kotzte uns an mit ciceronischer Beredsamkeit, er wolle nichts mehr mit uns zu tun haben. Wir probten ruhig allein weiter. Am Abend der Vorstellung kam er uns nach dem ersten Akt beglückwünschen. Und dabei hatte die Viola furchtbar dicke Waden; übrigens währte die Verliebtheit der beiden nicht lang. Schwierigere Probleme tauchten auf. Wir entdeckten die Politik.

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