Читать книгу Schwarze Frau, weisser Prinz онлайн
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Der Missionar kam zu uns. «Hello, Missis … em … Seewanese!» So hiess Granma offiziell, ansonsten nannte man sie Mades. Gran sass in ihrer kleinen Küche, mit ihren häuslichen Angelegenheiten beschäftigt. Mein Bruder und ich, ihre beiden Engel, waren an ihrer Seite oder zwischen ihren Beinen; wir klammerten uns immer irgendwo an sie. Sie zeigte dem weissen Christen ein grosses, breites Lächeln, als ob sie gerade Gott gesehen hätte. Oder war sie weiser? Wusste sie, dass sie betrogen wurde? «Willkommen», sagte sie zu ihm, «Paula, geh und hol einen besseren Stuhl für den Priester.» Der weisse Mann setzte sich und versuchte, es sich in Grans kleiner, stickiger Küche bequem zu machen. Er musste zumindest versuchen, sich wohl zu fühlen, wurde er doch von der Kirche dafür bezahlt, dass er die Leute überzeugte, die Bibel zu kaufen und ihre letzten Pennies der Kirche zu spenden.
Der Priester bemühte sich, eine Tasse von Grans Wasser zu trinken – Flusswasser, nicht chemisches oder, wie man es nannte, gereinigtes Wasser. Ihre einzige, schwarzbetupfte Tasse war etwa zehn Jahre alt und sah angeschlagen aus. Er hatte Diplomatie gelernt, also lächelte er und sagte, ihr Wasser sei genau das, was er gebraucht habe. Aber er wollte nur seine Botschaft verkaufen, dafür war er von weither angeflogen. Er wollte nicht wirklich ihre Armutsgeschichte hören und wechselte geschickt das Thema. «Also, Mrs. Seewanese, das Leben ist nicht allzu schlecht, aber Gott kann Ihnen mehr geben, wenn Sie zu ihm beten. Und deshalb sind wir hier, um Ihnen zuzuhören und mehr Kirchen bauen zu helfen, damit Sie dort um Hilfe beten können. Aber wir brauchen Geld.» Er öffnete seinen Koffer vor der sehr müden und verwirrten alten Lady, überreichte ihr Broschüren, die sie nicht lesen konnte, und viele schöne, glänzende Leder-Bibeln. Seine weisse Magie wirkte. Gran murmelte vor sich hin, schaute mit besorgtem Gesicht ihre Grosskinder an und dachte an die wenigen St.-Lucia-Dollars, die sie, in ein Tuch geknotet, versteckt hatte. «Was kann ich machen», sagte sie in Patois. Ihr Sohn war tot, ihre Tochter war tot, auch sie würde bald sterben, und was würde dann mit ihren kleinen Kindern passieren. Sie brauchte mehr Kraft, um uns durchzubringen. Der Priester hakte nach: «Mrs. Seewanese, es ist nicht viel Geld! Denken Sie an all die Hilfe, die Sie erhalten werden!» «Gut, ich kaufe.»