Читать книгу Die Unbeirrbare. Wie Gertrud Heinzelmann den Papst und die Schweiz das Fürchten lehrte онлайн

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Grosstante Salesia Rietschi (ii) vor dem Familiensitz im aargauischen Freiamt, um 1930.

Im Biedermeierhaus saßen im Salon einst die Vornehmen und Gebildeten aus der Region und tranken Tee aus feinem Porzellan. Im unteren Stockwerk befand sich die Praxis und die Apotheke des Hausherrn, des weltgewandten Bezirksarztes Johann Huber, der in der feuchten Umgebung der Moore und im nahen Kloster Muri viel zu kurieren hatte. Im Doktorhaus verkehrten die politisch Fortschrittlichen, Liberale und Freisinnige, die während des Machtkampfes zwischen modernem Staat und katholischer Kirche auf staatlicher Seite gekämpft hatten und wegen ihrer Gesinnung aus der Innerschweiz ins Freiamt flüchten mussten. Häufiger Gast war auch Niclaus Rietschi, ein Sprössling aus der Luzerner Stadtaristokratie, der zum Missfallen der Kirche das erste städtische Seminar für Töchter gegründet hatte und nach liberalen Vorstellungen leitete, bis er vertrieben wurde. Zurück ließ er Hab und Gut, in Kastanienbaum am Vierwaldstättersee die lauschige Villa Krämerstein, einst die Mitgift zu seiner Vermählung mit der florentinischen Aristokratin Salesia Falcini. Einer der Söhne fand im Boswiler Doktorhaus an einer Huber-Tochter Gefallen, und so heirateten sich Blaublütigkeit und der Name Rietschi ins Freiamt ein. Diese Ehe brachte zehn Kinder hervor, darunter Gertrud Heinzelmanns Großmutter Sophie und Großtante Salesia. Der wirtschaftliche Niedergang hatte mit der Vertreibung der Rietschi-Falcini begonnen, und die Tuberkulose, die im Doktorhaus wütete, tat ihr übriges.

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