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«So kalt wie früher sind die Winter heute natürlich nicht mehr», fährt sie fort, als die Straßenbahn am Bürkli­platz hält. «Stellen Sie sich vor, als ich mit meinem Sohn aus der Geburtsklinik nach Hause zurückgekehrt bin, haben mein Mann und ich ein paarmal mit dem Kinderwagen einen Spaziergang auf dem gefrorenen See ge­­macht, man hatte das Gefühl, festen Boden unter den Füßen zu haben, zwölf Zentimeter Eis, hieß es damals. An manchen Stellen liefen die Leute Schlittschuh. Mein Mann hakte sich bei mir unter, weil ich noch etwas ge­­schwächt war. Ich trug einen Biberpelz, und er hakte sich bei mir unter, voller Stolz auf mich und seinen unter vielen Decken vergrabenen Sohn im brandneuen Kinder­wagen. Er war begeistert von den Spaziergängen auf dem gefrorenen See, vom soliden Eis.» Mit gesenkter Stimme fügt die Frau an: «Dabei sind zwölf Zentimeter nicht viel!» Grölende junge Leute mit glattrasierten Köpfen und Piercings an Nase und Lippen sind in die Straßenbahn eingestiegen. Etwas misstrauisch und etwas bange blickt die Frau zu ihnen hinüber.

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