Читать книгу Zorn und Freundschaft. Max Frisch 1911-1991 онлайн
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Am 30. Juli 1942 heirateten Max und Gertrude Anna Constance. Die Hochzeit war aristokratisch mit Frack, Schleppe und weißen Handschuhen. Die Zürcher Gesellschaft gab sich die Ehre. Werner Coninx und Rolf Hässig, ein Architekturkollege, waren die Trauzeugen. Das junge Paar bezog an der Zollikerstraße 265, in einem guten Quartier am unteren Zürichberg, eine bescheidene, doch standesgemäße Wohnung. »Ich habe damals versucht, an die Bürgerlichkeit zu glauben und eifrig zu sein als Bürger«, erinnerte sich Frisch Jahrzehnte später.197
Hochzeit mit Gertrude Anna Constance von Meyenburg am 30. Juli 1942.
Frisch hat sich vehement gegen den Vorwurf gewehrt, er habe seine Frau aus Berechnung, nicht aus Liebe geheiratet.198 Aber er gestand auch einem Freund und Kollegen: »Beim ersten Kuß wußte ich, daß das nicht die richtige Frau für mich war. Aber ich habe sie geheiratet. Drei Kinder haben wir gemacht und zwanzig Jahre zusammengelebt.«199 Liebe und Berechnung sind zwar unterschiedliche, nicht aber notwendigerweise gegensätzliche Empfindungen. Hannes Trösch, Frischs engster Mitarbeiter von 1947 bis 1955, und auch Käte Rubensohn beurteilten die Ehe übereinstimmend als eine große Liebe von seiten der Frau, weniger von seiten des Mannes.200 Frisch hatte während der Ehe zahlreiche Freundinnen. »Er hat es in der Ehe und der Bürgerlichkeit anders gar nicht ausgehalten«, so Hannes Trösch. An diesem Verhalten sei schließlich die Ehe gescheitert.201 Trudy Frisch-von Meyenburg hingegen vermutete eine Charakterprägung: Die prickelnde Lust, unbelastet von Vergangenheit und Folgen neue Frauen kennenzulernen, habe ihn immer wieder zu neuen Liebschaften getrieben, eine Lust, die ja auch in Santa Cruz und in Bin beschrieben sei. Er habe es genossen und gebraucht, daß ihm ungeteilte Aufmerksamkeit zuteil wurde, sie als Mutter habe sich um die Kinder kümmern müssen und daher nicht unbeschränkt für ihn da sein können.202 Entgegen seinen Selbstaussagen sei Frisch nicht wirklich bemüht gewesen, als Bürger »eifrig« zu sein, sondern habe – innerlich voll Skepsis und Fluchtbereitschaft – mit der gutbürgerlichen Hochzeit eine Lebensform übernommen, die nie wirklich die seine geworden sei. Dazu gehörte auch, daß er sich weder in der Kleidung noch im Auftreten um einen bürgerlichen Habitus bemühte, sondern sich weiterhin primär als Künstler verstand, der einen Großteil seiner Zeit mit Schreiben verbrachte. Trösch berichtete, Frisch habe in seiner Architektenzeit mehr mit Schreiben als mit Bauen verdient; was nicht bedeute, daß die Schriftstellerei ihm viel eingebracht habe, eher: die Architektur sehr wenig. »Wir hatten damals alle kein Geld, auch Frisch nicht.«203 Die literarische Produktion der Jahre 1941 und 1942 ist nicht umfangreich: Frisch leistete Aktivdienst und baute zusammen mit Trudy ein Einfamilienhaus für seinen Bruder Franz Bruno in Arlesheim (siehe S.214). Nebenbei verfaßte er weiterhin Zeitungsbeiträge und schrieb an einem neuen Roman.