Читать книгу Zorn und Freundschaft. Max Frisch 1911-1991 онлайн

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glücklich, die uns kaum noch ein Recht läßt auf Sehnsucht; das ist das einzig Schwere …«255 Frisch hat erreicht, was traditionellerweise zum bürgerlichen Glück gehört: Frau, Kind, Wohnung mit Garten, Beruf und Freunde. Aber diese haben alle »einen Knacks«,256 sie kennen nämlich Bin nicht. Sie sind getrieben von Geltungsbedürfnis und Ehrgeiz, was »ja auch nur ein Geiz« ist. Daß diese Sätze genau in der Mitte des Textes stehen, ist kein Zufall. Die »Mitte des Lebens« ist erreicht, die zweite Texthälfte gibt eine Voraussicht auf die Zukunft, auf den »Herbst« und den »Winter« des Lebens.

Wie sah Frisch 1942 seine Zukunft? Wieder einmal ist die Sehnsucht mächtig, die »ersten Häuser von Peking« sind erreicht. Der Architekt will endlich seine Rolle unterstellen und betritt einen Palast. Dieser ist – Angsttraum des Architekten – ein Zerrbild jenes Gebäudes, welches auf der Rolle entworfen ist. Der Hausherr lädt zu Gast, man vergißt wieder einmal Bin, denn die Tochter des Hauses ist süß und siebzehn. Auch sie plagt die Sehnsucht nach ihrem ›Peking‹. Mit dem Herrn des Hauses philosophiert man über die Diktatur der Zeit. Die Menschen des Abendlands sind ihre Sklaven, sie führen das Leben von »Ameisen«. »Unsere Seele gleicht einem Schneeschaufler, sie schiebt einen immer wachsenden … Haufen ungestillten Lebens vor sich her«.257 Gesellschaftliche Erfolge stellen sich ein, der Fürst gibt einen neuen Palast in Auftrag, ein Bubentraum erfüllt sich.258 Doch da legt der Fürst die Maske ab und zeigt sich als zotenreißender Fettsack. Die gute Gesellschaft, um derentwillen man Peking vergessen hatte, ist ein ordinäres Volk.

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