Читать книгу Zorn und Freundschaft. Max Frisch 1911-1991 онлайн

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Soweit die Geschichte, wie Frisch sie überliefert hat. Sie enthält manche Selbststilisierung. Zum Beispiel: Frisch hatte sein Architekturstudium damals keineswegs als Gegensatz zur Schriftstellerei konzipiert. Käte Rubensohn brachte ihn auf die Idee, zur Überbrückung literarisch nicht inspirierter Zeiten ein anderes Arbeitsfeld anstelle des zunehmend lästigen Journalismus zu suchen, ein Feld, das ebenfalls kreativ, aber nicht literarisch besetzt war. Auf Vermittlung ihres einflußreichen Onkels Ludwig Borchardt kam ein Beratungsgespräch mit Peter Meyer, dem Zürcher Professor für Architektur und Städtebau, im Café Select zustande. Frisch berichtete Käte davon in einem Brief vom 24. März 1936. Er bestätigt darin nicht nur ausdrücklich, daß er die Idee zum Architekturstudium von Käte erhalten habe, er hebt auch explizit den komplementären Nutzen von Architektur und Schriftstellerei hervor: Er denke, »daß es für mein Schreiben, also für das eigene, sehr förderlich sein könnte, wenn ich in einem völlig anderen, völlig literaturfernen Bezirk künstlerischen Wirkens mich betätigen dürfte, vorallem natürlich, weil die Architektur in hohem und glücklichem Maß mit dem Stoff, mit dem Material verbunden bleibt. Gerade dieses An-die-Dinge-heran ist ja meine Sehnsucht, dieser Wunsch auch nach Substanz im äußerlichen Sinn. Substanz im innerlichen Sinn, auch darin dürfte sich eine Bereicherung erhoffen lassen, nicht nur weil man mit Menschen völlig andren Geistes zusammenstößt und zum Beispiel auch volkswirtschaftlich manchen Einblick gewinnt, weil man diese praktischen Zeiten auf dem Bau mitmacht, was übrigens für mich ein prächtiger Fund sein dürfte – sondern vorallem weil man dem Wesen der Kunst vielleicht näher kommt, wenn man sie in zwei Ausstrahlungen nicht nur kennt, sogar auch ausübt. Ich glaube nicht, daß dann nichts mehr übrig bliebe auf beiden Seiten, im Gegenteil, vielleicht würde sich mein Schreiben von manchem reinigen, was nicht in diesen Bezirk gehört, und da die Architektur jedenfalls, ob ich sie so oder so ausüben würde, in engster Verbindung mit dem Leben, mit dem Wohnen, mit der sozialen Struktur einer Zeit steht, würde sie gewiß gerade für mein Schreiben, das ich auf keinen Fall preisgeben wollte, eine Bereicherung bedeuten.«120 Der Brief belegt, daß Frisch nicht, wie er später behauptete, das Schreiben zugunsten der Architektur aufgeben wollte; im Gegenteil, er reflektierte mit großer Sorgfalt die sinnvolle Kombination beider Tätigkeiten.

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