Читать книгу "Man treibt sie in die Wüste". Clara und Fritz Sigrist-Hilty als Augenzeugen des Völkermordes an den Armeniern 1915-1918 онлайн

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Herbst 1915. Clara und Fritz in ihrem Haus in Keller.

Clara erlebt das berufliche Leben ihres Mannes intensiv mit, und Fritz hält sie ständig auf dem Laufenden. Sie verbringt oft Stunden bei ihrem Mann im Büro.45 Sie sieht sich meist als Teil der Bahnbelegschaft, ist mit allen befreundet, und wenn sie über die traurigen Bahnangelegenheiten berichtet, schließt sie sich mit «wir» und «unser» ein: «Wir sollen noch 1000 arbeitende Armenier haben», oder: «Nicht einmal Waisenmädchen bekommen wir frei»: oder «Unsere Soldaten begraben die Toten.»

Clara hat Verständnis dafür, dass ihr Mann lange Stunden auf der Strecke verbringt, selbst wenn es ihr nicht ganz recht ist. Sie weiß, dass Fritz innerhalb einer bestimmten Frist die Arbeit seiner Sektion abschließen muss und dass diese «wie ein Schmuckkästchen» aussehen soll (22. Oktober 1916). Am liebsten hat sie es, wenn Fritz in der Nähe arbeitet und sie ihm «mit dem Zeiß46 zugucken» kann. Manchmal reitet sie gegen Abend mit einem der Diener Fritz entgegen, um ihn von der Strecke abzuholen. Sonntags und sonst nach Feierabend reiten sie zu zweit bis zum Baugelände, und Fritz führt Clara über Viadukte, durch neue ­Einschnitte für die Bahnstrecke und durch Tunnel. Wenn es zu heiß wird – «35 Grad im Zimmer» –, gehen sie in den Tunnel, um sich abzukühlen. Begeistert beteiligt sich Clara an Festlichkeiten des Betriebs aus Anlass eines Tunneldurchschlags oder Geleiselegens. Am schwersten fallen ihr die Dienstreisen von Fritz, wenn er länger fehlt und sie «wieder Strohwitwe» wird. Nachdem sie aber das «kleine Schätzli» bei sich hat, ist es nicht mehr so schwer.

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