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Den restlichen Vormittag verbrachte ich damit, eine Bewerbung für eine Stelle zu schreiben, die ich sowieso nicht kriegen würde. Gelangweilt formulierte ich einen lausigen Brief, der besagte, wie geeignet und motiviert ich war. Trotzdem genoss ich den Vormittag. Die Sonne schien in mein Zimmer, ich lief in weiten Hosen und in einem warmen Pullover herum und setzte mich später mit einer Tasse Tee auf den Balkon. Der September war bisher recht warm gewesen, nun war es, als ob sich der Sommer verabschieden wollte. Ich wollte die Tage geniessen, solange ich konnte. Wenn nur die Angst nicht gewesen wäre. Diesen Monat lag es nicht drin, alle Rechnungen zu bezahlen, und meine Nachbarin hatte Geld von mir zugut für eine Waschmaschinenreparatur. Es war aber nicht der finanzielle Ruin, der mir Angst machte. Ich fürchtete das Scheitern, was auch immer das sein mochte. Selbst das war mir nicht klar. Wie konnte ich denn jetzt noch scheitern?
Was ich hatte, war viel Zeit. Ich beschloss, mir das Geld für den Bus zu sparen und zu Fuss in die Stadt zu gehen. Unterwegs setzte ich mich auf eine Parkbank und sah ein paar Männern bei einem Schachspiel zu. Die beiden Spieler verschoben die schweren Figuren, ohne Emotionen zu zeigen, in ihre Gedanken versunken standen sie auf dem grossen, auf den Boden gemalten Spielfeld. Andere hatten sich dazugesellt, gaben fachkundige Kommentare ab und knackten dazu Kürbiskerne. Ich dachte an die Millionen von Menschen in der ganzen Welt, die jetzt gerade keiner Arbeit nachgingen. Männer in Istanbul, Boston oder Lagos, überall auf der Welt standen Männer gemeinsam herum, an einem Strasseneck, auf einem Platz, und sahen dem Leben zu. Junge Frauen in Brasilien und Mexiko lackierten sich vor dem Fernseher ihre Zehennägel und träumten von später. Nicht alle konnten produktiv sein in dieser Welt, es wurde auch so noch genug produziert. Weshalb hatte ich das Gefühl, gescheitert zu sein, nur weil ich Zeit hatte?