Читать книгу Haus der Nonna. Aus einer Kindheit im Tessin онлайн

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Die Familien, die jetzt getrennt lebten, blieben durch eine vorsichtige Neugierde miteinander verbun­den. Auf Neues war man dabei allerdings nicht so sehr aus. Wenn man nach dem Wein und den Lebensgewohnheiten der anderen fragte, wollte man viel eher immer neu bestätigt haben, dass nichts sich veränderte, dass alles so war, wie man es kannte und erwartete. Man wollte zum Beispiel hören, dass Zia Lisa den Gästen noch immer bloss einen angefaulten Pfirsich anbot. Man lächelte dann verständnisvoll und befriedigt. Einmal schenkte mir Zia Lisa frische kleine Kuchen, die man nur beim Bäcker erhielt und die sie wahrscheinlich selber geschenkt bekommen hatte. Die Nonna war fast bestürzt, als sie das sah. Auch die Fragen nach unserem Leben in Zürich wurden stets so gestellt, dass es nur eine Antwort gab: In Zürich ist es weniger schön als im Tessin, und man isst dort weniger gut.

Zia Maria war auf Pá Cesars Hof Köchin und Amme gewesen, und sie war es noch jetzt. Die Frauen hatten ihre alten Aufgaben behalten. Wie Zia Lisa ganz bei der Feldarbeit blieb, so arbeitete Zia Maria weiterhin fast nur im Hause. Sie galt als die beste Köchin der Sippe. Sogar aus der Katze des Bürgermeisters, die einer der Männer in einen Keller gelockt und dort erschossen hatte, soll sie einen guten Braten zubereitet haben. In engen Holzkäfigen hielt sie kastrier­te junge Hähne, die sie mit Baumnüssen mästete. Ein solcher Kapaun, schwer im Fleisch und reich gefüllt, gehörte zum traditionellen Weihnachtsessen.

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