Читать книгу Haus der Nonna. Aus einer Kindheit im Tessin онлайн

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Dieser Girumín, der wenig und langsam sprach, soll früher ein guter Geschichtenerzähler gewesen sein. Er war ein sehr heiterer Mensch. Mein Vater sagt, er habe Geschichten gewusst, Rittergeschichten vor allem, die so lang waren wie der ganze Winter. Ein Bo­vo d’Antona kam darin vor und andere Männer mit klingenden Namen. Zur Zeit Pá Cesars soll sich die ganze Familie abends im warmen Stall versammelt haben, um ihm zuzuhören. Vor dem Schlafengehen nahm Pá Cesar dann seinen Hut vom Kopf und sagte: «So, nun erzähle ich meine Geschichte.» Er meinte damit den Rosenkranz. Mein Vater, der damals noch ein kleiner Junge war, versuchte stets, ihm den Hut von hinten wieder aufzusetzen. Manchmal gelang es ihm, das Gebet auf diese Weise noch hinauszuschieben.

Am folgenden Tag besuchten wir Ziu Carlín und Zia Maria. Als ältester Sohn von Pá Cesar hatte Carlín den Hof übernommen. Er starb, als ich etwa sechs Jahre alt war. Ich erinnere mich sehr genau an seinen Kamin: eine riesige Feuerstelle mit Bänken rechts und links wie bei der Nonna. Seine Bänke aber hatten seitliche Abschlüsse, die weit über meinen Kopf hinausreichten. Wie Chorstühle sahen sie aus. Zia Maria sog etwas Schnupftabak aus der Grube hinter dem Daumen, bevor sie uns umarmte. Die Ränder ihrer Nasenlöcher waren vom Schnupfen schwarz. Sie stellte den Wein auf. Sicher sagte sie damals schon: «Quell lí l’è bun! – Der ist gut!», noch bevor mein Vater gekostet hatte. «Ja», sagte mein Vater dann, «der ist gut». Da jeder stolz war auf den eigenen Rebberg und den eigenen Keller, konnte mein Vater nur der Nonna verraten, welche Weine ihn besonders überzeugten. Auch Zia Maria wollte wissen, wem wir schon unseren Besuch gemacht hatten. Sie fragte, wie der Wein dort gewesen sei. «Ganz gut», sagte mein Vater.

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