Читать книгу Brief an meinen Vater онлайн

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So haben wir Pfarrerskinder verstanden, dass die Gesellschaft sich zusammensetzt aus Reichen, die lateinische Verse zitieren, und Bettelarmen, die auf den Wiesen Blumen pflücken, um der Frau des Pfarrers einen Strauß mitzubringen. Dieses Thema lag dir am Herzen: Die Kirche muss in der Mitte des Dorfes bleiben. Du wolltest weder der Pfarrer der Reichen noch der Armen sein. Deine Frau wählte rechts, was dich nicht davon abhielt, die Sozialdemokraten zu wählen und dich zum Antimilitarismus zu bekennen. Mehr als einmal habe ich dich be­­haup­ten hören, die Arbeit sei ein Fluch, den die Menschen nach ihrer Vertreibung aus dem Paradies auf sich gezogen hätten. Du sprachst von Arbeit und meintest Lohnarbeit.

Eines Tages hast du auf der Kanzel über den Werksbus der Fabrik Longines, der die Arbeiter jeden Abend um zehn nach sechs auf dem Marktplatz ab­­setzte, gesagt: «Liebe Brüder und Schwestern, falls ihr daran zweifelt, dass Arbeit ein göttlicher Fluch ist, schaut euch die Gesichter der Uhrmacher an, die abends erschöpft aus dem Bus steigen, und fragt euch, ob sie glücklich sind.» Ich habe nachgeschaut um zehn nach sechs.

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