Читать книгу Paradies möcht ich nicht. Roman einer Familie онлайн

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Im Haus zur Bachwies hielt ich vierundsiebzig Jahre später das Heft in der Hand und fragte Louise: Hast du das geschrieben oder irgendwo abgeschrieben? Na hör mal, gab sie zurück, es gab welche, die meinten, ich könnte Schriftstellerin werden!

Sie war sechzehn, er sechsundzwanzig, sie eine beinahe noch unschuldige, temperamentvolle Christin und er ein lebenserfahrener, staatenloser Jude, der fünf Jahre lang um sein Leben gerannt war und eben seine Familie und sich selbst gerettet hatte. Er kannte die Liebe, war der leidenschaftlichen Begegnung fähig wie der Verbindlichkeit, glaube ich, und noch nie standen die Zeiten so gut für einen neuen Anfang. Louise trug, trotz allem, was sie erlebt hatte, in sich den Drang zu einem Ganzen, zu etwas Heilem gar, und wenn es die Kirchenglocken von Albisrieden waren, die den Klang gaben. Vielleicht dachte Felix schon an Kinder, die nie erleben sollten, was er kannte.

Ihn trieb nicht der Ehrgeiz einer beruflichen Karriere, sondern der Wunsch, eine Familie zu gründen, die er sich vorstellte als die Bewohner einer unzerstör­baren Nussschale im Sturm der Zeiten. Er sehnte sich nach einer unbelasteten Zukunft. Er war nicht der Einzige in Europa. Wusste er, wie kühn es war, dafür die eigene Familie zum Vehikel zu machen? Vielleicht spielte im Hin­tergrund Pfarrer R. eine Rolle, zog gar die Fä­den: christliche Nächstenliebe gegen gottlose Barbarei, Louise als ihr Instrument.

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