Читать книгу Paradies möcht ich nicht. Roman einer Familie онлайн

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Niemand außer Margrith wusste, dass die Männer sich angewöhnt hatten, von Louise zu nehmen, was im­mer sie wollten. Und dass sie nicht wusste, wie sie sich wehren konnte. Louise begann, ihre Gedanken in ein schwarzes Heft zu schreiben, gekauft in der Papeterie Kaufmann beim Dorfplatz. Weder Lina noch ihre ältere Schwester sollten davon erfahren, Louise versteckte das Heft mal unter dem Holz, das im Vorraum zu den Toiletten gestapelt lag, mal unter ihren Kleidern im Schrank. Sie schrieb von Sünden, auch eigenen, und dass sie den nächsten Sonntag herbeisehne. Der liebe Gott war eine Instanz geworden, das Heft ihr Begleiter.

In Europa herrschte Krieg, zu Hause war es eng. Louise trat der kommunistischen Jugend bei, zugleich unterrichtete sie in der evangelischen Sonntagsschule. Hier waltete ein charismatischer Pfarrer, eine große Figur in Albisrieden, seine Kirche war nur einen Steinwurf vom Chratz entfernt. Er wurde die bewunderte Liebe, vielleicht auch der Vater, den sie sich gewünscht hätte. Ihm vertraute sie sich an, er fand eine neue Lehrstelle für sie. Die beiden spazierten auf den Uetliberg, den Haushügel von Zürich, sie sollte erzählen. Dann plötzlich zwang er sie zum Kuss. Mehr nicht?, fragte ich Louise irgendwann zwischen ihrem siebzigsten und achtzigsten Lebensjahr, als sie mir davon erzählte. Nein, sagte sie trocken, es war Winter, es lag Schnee.

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