Читать книгу Die Bargada / Dorf an der Grenze. Eine Chronik онлайн

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So bewußt und stolz die Armini ihrerseits sich als Besondere und Auserwählte fühlten, so litten sie doch unter dem ablehnenden Verhalten ihrer Dorfgenossen, das einer Ausschließung nahe kam. Sie trugen ihr Los aber mit gelassener Geduld, als wäre ihnen auferlegt, eine verborgene, ihnen selbst unbekannte Schuld abzubüßen. Zudem hatten sie genug mit sich selbst zu tun, denn das Leben auf der Bargada, wenn es gut sein mochte, war doch nicht leicht.

Vielleicht kam es daher: So weit man sich zurückerinnern konnte, wurde den Armini nach vielen Töchtern erst der Sohn geboren, stets nur ein Sohn, der sittegemäß beim Tode des Vaters den Hof erbte. Die zahlreichen Frauen der Familie blieben ledig und rechtlos im Hause, wenn sie nicht wegheirateten, was aber selten geschah. So lebte der Meister als einziger Mann in einem Schwarm von Weibern, die alle, ihrer Unmündigkeit zum Trotz, nur das eine im Sinne hatten, sich die Macht über ihn und damit über den Hof anzueignen.

Schon im voraus, um des Knaben Gunst schon, stritten sie sich. Sie lockten ihn mit Schleckereien, mit aufreizenden Geschichten und Spielen, sie halfen ihm seine kleinern und größern Unarten vor dem Vater verstecken und nahmen ihm jede Arbeit ab. Es mußte an der guten Art der Arminisöhne und an ihrer angebornen Klugheit liegen, daß sie ungeachtet solcher Verziehung rechte Männer wurden und sogar eher zu früh als zu spät ein gesetztes Wesen annahmen. Sie sahen ein, Heil war für sie nur zu erhoffen, wenn sie sich das ganze Weibervolk vom Leibe hielten und es alles, was nicht klare Männersache war, unter sich ausmachen ließen. Sie fristeten inmitten der Röcke ein einsames, mehr vorsichtiges als unternehmendes Leben, bemüht, sich selbst zu genügen und ihr Urteil für sich zu behalten. Dabei fanden sie Muße, sich ihre Gedanken über die Zeiten, den Weltlauf, über das Woher und Wohin zu machen. Fromm waren sie nicht. Sie gingen wenig zur Kirche und nahmen den Besuch des Pfarrers freundlichgleichgültig hin. Doch besaßen sie alle Sinn für nachdenkliche Worte und Sprüche, die sie sich merkten und nach denen sie sich gerne richteten. So hing das 4. Gebot in klarer Antiqua unter Glas in der Schlafkammer der Eltern, neben dem Himmelbett mit den weißen Vorhängen: Ehre Vater und Mutter, auf daß es dir wohlergehe auf Erden! Alle Arminisöhne hatten daran die Buchstaben lesen gelernt, lange bevor ihnen die Forderung, die der Spruch enthält, aufging. Später bestimmte er ihr Verhalten. Es war kein Beispiel in der Familie bekannt, daß je ein Sohn gegen dieses Gebot gehandelt hätte. Sie standen zu ihren Eltern in ehrfürchtigem Verhältnis und beugten sich, auch in vorgerückterem Alter, ihrem Willen.

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