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Dass sie betet, den Annehmlichkeiten abhold, die ich ihr bieten könnte, erkennt man an dem starren Blick; an den gefalteten Händen, am Zittern der Lippen. Wir vom Zug würden alles tun, damit ihr Köfferchen aufrecht zu ihren Füssen stehen bleibt, damit Handtasche und Schirm ihr nicht von den Knien rutschen. Ich persönlich würde gern zu ihr sagen Amen, Amen, und weiter geht’s. Allen von der Reise und der Unerbittlichkeit der Reise schwer geprüften Damen, allen verloren in der Riesengrösse des Zugs sitzenden Damen sage ich mein riesengrosses Amen; ihnen zuallererst: so häuslich fürs Jenseits eingerichtet, mit gezücktem Billett.

Der Habitué dagegen, und solche gibt es in jedem Wagen, zeigt, dass er keine Minute seiner An­we­senheit, seiner Reise, seiner Chance verpassen will. Alles nutzt er: belegt zwei Plätze, am liebsten oben, für sich und für die Zeitungen; wirft durchs ganze Abteil prüfende Blicke auf die Blätter der Mitreisenden, um sie sich anzueignen, sobald jemand aufsteht; sofort liebäugelt er mit dem Sitz gegenüber, den er einnehmen wird, falls gelegentlich die Richtung wechselt, in Luzern zum Beispiel. Und vor allem sichert sich der Habitué auf seinem Beobachtungs­posten die schöne Aussicht: nein, nicht auf die Weiden, die Wälder, das Röhricht von Sempach, mit dem Glockenturm im Hintergrund zur Erinnerung an den Sonntag; das alles ist selbstverständlich. Nein, unfehlbar reserviert er sich, schräg aus dem Augenwinkel, über und neben der aufgeschlagenen Zeitung, den Blick auf das schöne Mädchen, das telefoniert, die Wiesen betrachtet, liest, träumt, das Mobiltelefon kitzelt, sich schminkt, Tagebuch schreibt, kaut, die Tage zählt, sich eigensinnig die Haarspitzen abschneidet, anscheinend schielt es.

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