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Roll, Joséphine, verlier keine Zeit

Auf dem Foto daheim sitzt du im Studio des Fotografen in der Rue du Centre: die Arbeiterin als Göttin, thronende Madonna mit schwieligen Händen, Mutter, Füchsin ne­ben dem Fuchsjungen im Matrosenanzug. An den Füßen hohe Schnürschuhe. Miló lehnt an deiner Schulter, so seid ihr gleich groß. Wie Wurzeln schauen die Finger deiner Hände aus den Spitzen deiner Bluse heraus, die am Hals mit einer Brosche geschlossen ist: Wie viel Tausend Zigarren hast du schon gerollt, seit dein Mann dich geschwängert und das Weite gesucht hat?

Roll, Joséphine, verlier keine Zeit

Der Aufpasser behält dich im Auge, und die Möwen kreischen vor den Fenstern der Fabrik. Sie haben dir deinen Miló gestohlen, diese Viecher, die sich am Ufer die gestran­deten Fische schnappen … Nun kommt wieder ein poupon zum Einwickeln, dein Wickelkind, und heute Abend wirst du gelbe, stinkende Finger haben.

Wie war denn dein Leben? Wie war das Dorf, das du als junges Mädchen verlassen hast, das ferne Dorf mit dem Vogelnamen, Fénis? Wie ein Phönix schwebt es durch die Erinnerung, ohne sich auf Beute zu stürzen wie diese ­Möwen, die über dem aufgewühlten See kreischen. Mit jenem nach Heu duftenden Namen, der in der Kindheit das Ende aller Übel versprach?

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