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So verurteilt der Gerichtshof sie zu drei Monaten Gefängnis, zu fünf Jahren Verlust der Bürgerrechte und zur Bezahlung der Hälfte der Gerichtskosten wegen einer Sache, die sie bei einem Dieb gekauft haben. Doch der Mantel mit Pelzkragen war wirklich schön: In diesem Mantel sah Anny wie eine richtige Dame aus, nicht wie ein Mädchen ohne festen Wohnsitz. Anna, die noch keine achtzehn Jahre alt ist.
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Gefängnis von Bochuz, 21. März 1934
Miló ist nach Bochuz verlegt worden und wartet auf den Tag seiner Ausweisung aus der Schweiz. Die Polizei hat ihn als «unerwünscht» bezeichnet; er trägt das Wort in sich, als hätte man ihn angespuckt.
An der Umfassungsmauer des Gefängnisses Bois-Mermet, das er vor wenigen Tagen verlassen hat, hatte auch Benito Mussolini kurz mitgebaut, einer der sechstausend armen Schlucker, die damals in Lausanne arbeiteten: Als Gelegenheitsmaurer in Lausanne zu Beginn des Jahrhunderts musste er manchmal sogar auf einer Bank unter dem Grand Pont übernachten. Er war nicht nur Handlanger gewesen, sondern auch Gehilfe im Weinladen und in der Metzgerei, der aus der Romagna ausgewanderte Schullehrer, der jetzt Italien beherrschte. Eines Abends in der Maison du Peuple, bei einem Streitgespräch über «Christus als Befreier der Sklaven und Vorläufer des Sozialismus», hatte Mussolini die Größe Jesu geleugnet, was hatte der denn schon Denkwürdiges vollbracht? Ein paar Dörfer missioniert und ein Dutzend unwissende Landstreicher als Jünger geworben …