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Surveiller et punir, überwachen und bestrafen, möglichst viel überwachen, damit möglichst wenig bestraft werden muss, Ökonomie der Mittel in der politischen Vereinnahmung der Körper, im «investissement politique des corps». Die «Ecole Militaire» in Paris, diese pädagogische Maschine zur Erziehung der Offiziersaspiranten, war so strukturiert:
«Es mussten kräftige Körper, gehorsame Militärmenschen, kompetente Offiziere produziert und dabei (in dieser Männergesellschaft) die Homosexualität und das Laster vermieden werden. Also ein vierfacher Grund, um abgedichtete Trennwände zwischen den Individuen zu errichten, aber auch ein Grund, zwecks Überwachung einen kontinuierlichen Einblick in die Zellen zu garantieren.» (Foucault nennt das an einer anderen Stelle den «Panoptismus»: die Zöglinge, Häftlinge, Fürsorgeobjekte sind voneinander isoliert, können miteinander nicht kommunizieren, aber die Aufsichtsperson hat von einem zentralen Punkt aus die Einsicht in alle Zellen. Das Aufsichtssubjekt weiss alles über die Fürsorgeobjekte, hat ein Machtwissen, «pouvoir-savoir», während die Objekte nichts voneinander und vom Subjekt wissen oder möglichst wenig.) «Das Gebäude der Militärschule war selbst ein Aufsichtsapparat, die Zimmer waren entlang einem Korridor angeordnet wie eine Serie von kleinen Zellen; in regelmässigen Abständen war ein Offizierslogis eingebaut, und zwar so, dass immer zehn Offiziersaspiranten je einen Offizier links und rechts von sich hatten. Die Aspiranten waren in den Zellen die ganze Nacht eingeschlossen. Die Türen der Zellen waren verglast. (…) Man hatte Latrinen eingerichtet, mit halben Türen, damit die Aufsichtsperson die Beine und die Köpfe der Aspiranten sehen konnte, doch die seitlichen Trennwände waren so hoch, dass die Latrinenbenützer einander nicht sahen.»