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Verwirrt wie einer, der Zeuge war, als eine Blume in weni­gen Sekunden ein Wasserglas leertrank, erhob er sich und verließ die Frau, um das Schiff zu erreichen und auf seine Insel zurückzukehren. Dort sagte er zu seinem Papagei: «Ich habe einen Abstecher gemacht.»

Kavalier

Der magere Jochen möchte Isländer sein; er stellt sich vor, dass er dann das Recht hätte, zu schweigen und zu fischen.

Gedanken wie Blattgerippe: Veronika hält sie dem mageren Jochen vor; am Stiel. Sie dreht sie, wirbelt sie. Er weiß, dass sie als Kind viel gelitten hat. Man hat sie im Suppentopf gekocht, man hat sie geschält, man hat sie am Baum vor dem Haus aufgehängt; ein Rabe hat sie aufgefressen, wieder ausgespuckt. Noch immer lebt sie. Aber nein, natürlich wurde sie nicht im Suppentopf gekocht; man hat sie, abwechselnd, mit brühheißem und eiskaltem Wasser übergossen. (Die Vorstellung, dass es ihrer Katze gut geht, wenn sie durchs Quartier streift, sollte sie glücklich stimmen. Und dass die Katze nachher vor der kalten Zentralheizung sitzt und sie anbetet – vermutlich in der Erinnerung an den Winter, wenn der Heizkörper heiß ist.) Der magere Jochen beneidet Veronika; sie kann die kleine Tippmaschine am Bankschalter an der Grenze, wo die Leute Geld wechseln, flink bedienen. Sie rechnet im Nu, begreift immer, was die Bankkunden wollen. Auch der magere Jochen hat seine Vorzüge: Er erkennt die Busstationen, wenn er gewisse Orte in der Stadt aufsucht – zum Beispiel die am Arbeitsamt, an der Krankenkasse oder an der Volkszahnklinik. Er weiß, welche Gesichter die Häuser an welchen Stationen machen, wenn er auch die Gesichter nicht beschreiben könnte; es sind keine Einzelheiten, die ihm im Gedächtnis haftenbleiben. Die Häuser gruppieren sich immer ein wenig anders, die Bilder wechseln; eigentlich sind es verschwommene Zeichen, die ihm bedeuten: Jetzt bist du da, jetzt bist du – für eine Weile – angekommen.

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