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Srrr fuhr die Maschine, am Anfang noch kalt, gna­denlos den Nacken hoch durchs Haar, fräste, au, eine verschorfte Stelle weg – tu nicht so zimperlich! –, fuhr weiter und machte ihre Arbeit so lange, bis am Schluss alles, was du hattest, am Boden lag. Dort wurdest du zu einem Häufchen gewischt, zahltest einsfünfzig und ergriffst die Flucht, nackt, verraten, dem Gelächter der andern ausgeliefert. Das waren die Momente, wo ich ein Mädchen hätte sein wollen.

Schulbänke sind Joche, die immer zwei und zwei zu­sammenhalten. Kirchenbänke sind Joche, die immer zehn und zehn zusammenhalten. Reihe um Reihe, und wenn man einmal in der Reihe sitzt, gibt es weder Hin noch Her noch Ein noch Aus. Reihen, Pferche, und man konzentriert sich auf Gott den Allmächtigen. Aber die Bänke knarren. Das ist der Teufel, der in ihnen steckt.

Wer ist Gott? Ein Patriarch mit weißem Bart, den man immer nur sitzend erblickt hat. Blaue Augen. Ein weißer Großvater mit menschlichen Zügen.

Sein geheimer Gott hatte ein anderes Ebenbild. Geheim deshalb, weil er niemandem sagen durfte, wie der aussah: Hundeohren, also zweifellos ein Ägypter. Er hat das seine ganze Kindheit lang für sich behalten müssen. Der Pfarrer hätte das nicht begriffen. Das wäre für den zu viel gewesen. Der hätte ihn am Kragen gepackt und seinen Kopf fünfmal, zehnmal auf die Bank geknallt, bis er aus der Nase geblutet hätte. Hätte ihn geohrfeigt, bis er erledigt in einer Ecke gelegen wäre. Hätte ihm mit dem Evangelienbuch eins über den Kopf gezogen, dass er wie ein Sack zu Boden gegangen wäre. Hätte ihn – Herr, gib mir Flügel! – an den Ohren hochgehoben und schreien lassen wie am Spieß. Aber das Schlimmste wäre gewesen, dass er ihn die Geschichte gar nicht hätte zu Ende erzählen lassen. Die Erwachsenen hören nicht bis am Schluss zu. Sie verpassen die vollständigen Geschichten.

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