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Sobald die Sonne hinter den Bergen verschwindet, wird der Wind noch eisiger. Ich fange an zu zittern, trotz Anorak. Langsam habe ich das Bedürfnis, in mein Hotel zu flüchten. Doch vorher will ich mich aufwärmen. Beim nächsten Lokal bleibe ich stehen. Ich öffne die Tür. Der Raum ist halbdunkel und fast leer, nur zwei Indios sitzen im Eck und heben müde den Blick. Sie sehen einen Ausländer, der zur Theke geht und einen Pisco bestellt, den Standardschnaps des Landes. Was will der Mann hier?
Das frage ich mich auch. Eine zerfurchte Hand stellt ein Bierglas vor mich hin. Es ist klein, aber bis zum Rand gefüllt. Soll ich das etwa austrinken?
Drei Augenpaare beobachten mich. Ich probiere den ersten Schluck – nicht schlecht. Dann den zweiten. Immer noch haben die Männer ihren Blick auf mich gerichtet. Schafft der Ausländer das? Nun hat er keine Wahl mehr. Zwar brennt in seinem Magen ein höllisches Feuer, aber das sieht man nicht.
Ich stolpere zurück auf die Straße und suche mein Hotel, dessen Namen ich vergessen habe. Irgendwie gelingt es mir. Im Zimmer lasse ich mich sofort aufs Bett fallen. Dabei fällt mein Blick auf ein Magazin der Minengesellschaft. Ich blättere noch ein wenig darin. Das Heft gibt mir einen Einblick in die Geschichte des Ortes, an dem ich bin. Über Jahrhunderte ist die Mine von Cerro die ertragreichste des spanischen Imperiums gewesen, für den König in Madrid eine Goldgrube. Nur Eingeweihte wussten davon. Die Gold- und Silbervorkommen waren so reichlich, dass sich Cerro im neunzehnten Jahrhundert zur zweitgrößten Stadt Perus entwickelte. Es war der erste Ort, der 1830 von der Kolonialherrschaft befreit wurde. Die Eisenbahn wurde bereits 1903 gebaut, bald übernahmen amerikanische Konzerne die Mine. Nun ging es um Silber und Kupfer, später um Zinn und Blei. Alle Metalle wurden im Tagebau abgebaut. Die Umweltschäden waren enorm. Verseuchte Erde, verseuchtes Wasser, von Bleistaub durchsetzte Luft. Als die peruanische Bergbaugesellschaft die Mine in Besitz nahm, änderte sich wenig. Die Häuser hatten immer noch keine Heizung und die Lkws lieferten das Trinkwasser weiterhin zum Fünfundzwanzigfachen des Preises, den die Leute in Lima dafür zahlten.