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Rodrigo grübelte über die sagenhafte Erzählung nach, so dass er fast vergessen hätte, die Ampolleta zu wenden.
„Erzählt ihr mir auch die Geschichte von Antilia, der Insel mit den sieben goldenen Städten?“, fragte er nach einer Pause.
Der Pilot winkte ab: „Ein andermal. Jetzt pass auf, die Wache ist gleich um. Weck die anderen auf, es dämmert schon, bald beginnt der Tag.“
So drehte Rodrigo zum siebten und letzten Mal in dieser Wache die Ampolleta um und sang mit seiner krächzenden Knabenstimme in die Morgenstimmung hinein: „Gut ist, was vergeht, besser noch was kommt, sieben vorbei und acht verweht, mehr verweht wenn’s Gott so frommt, bei Zählen und Schwinden wird gute Fahrt sich finden.“
Jakob kam hinzu und zupfte Rodrigo am Ärmel des Parkas: „Hör auf mit dem Gekrächze, schau dir das Meer an!“
Noch lag der Horizont unter dem Dunst der morgendlichen Dämmerung, aber im diffusen Licht erkannte Rodrigo, was Jakob meinte: ringsum alles grün! Bis hinüber zur Pinta und Niña, die sich als vage Schemen am Horizont abzeichneten. Die Schiffe waren vollkommen umgeben von einer dichten Matte grün-braunen Seegrases, ein einziger riesiger Teppich. Das Meer schien verschwunden. Es war, als segelten sie über eine Wiese. Nie zuvor war einer der Männer so weit nach Westen gesegelt, und deshalb kannte auch keiner dieses Phänomen: Die Flotte befand sich im Sargasomeer, wie es später getauft wurde, einem riesenhaften Grasmeer mitten im Atlantik, von dem die christliche Seefahrt bis zu diesem Tage noch keine Kenntnis hatte.