Читать книгу Das Echo des Adlerschreis. Erinnerungen an ein früheres Leben онлайн

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Mit aller aufflammenden Unruhe presst du dich jetzt gegen die Schale, ritzt mit dem Eizahn; eingeschlossen, feucht, verklebt, beengt. Die Kalkschale ist hart, sie hat dich gut geschützt. Jetzt darf sie dir nicht zum Sarg werden.

Es bröckelt. Die Eimembran ist zäh. Du ritzt und hackst weiter. Plötzlich stößt dein Schnabel durch die Wand. Du bekommst den Kopf frei, drängst, kippst, wackelst – aber der Kopf ist draußen, befreit, du kannst die Außenluft atmen und eine kurze Pause machen, um dich von deinen ersten Anstrengungen in dieser Welt zu erholen.

Doch nicht lange dauert dein Ruhen, Unrast treibt dich weiter. Du musst der Erste sein. Du musst als Erster fressen. Der Zweite zählt nur im Adlernest, wenn dem Ersten etwas zustößt. Du weißt nicht, ob du der Erste bist. Du hast es eilig.

Als du dich freigekämpft hast, machst du dich im Nest breit mit dem ganz selbstverständlichen Egoismus, der Tieren zueigen ist. Du hast keine Mordgelüste. Du willst leben, das ist alles. Tatsächlich findest du dich im Nest augenblicklich als einziger Jungvogel vor. Über dir steht ein riesenhafter Schatten auf knallgelben Hornfüßen – und neben dir liegt, vibrierend und manchmal heftig schaukelnd, ein zweites Ei.

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