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Diese Begegnung hinterliess bei Zangger eine Voreingenommenheit für schwarze Menschen. Ein echtes Vorurteil, nur mit positivem Vorzeichen. Es machte es ihm schwerer, nicht leichter, unbefangen mit dunkelhäutigen Patienten zu arbeiten. Und ausgerechnet jetzt musste dieser Johnathan Achebe wieder in seiner Sprechstunde auftauchen.

Achebe war eine Nervensäge. Ein Jammerlappen, den Zangger schon früher während eines Jahres behandelt hatte. Ohne nennenswerten Erfolg, wie sich jetzt herausstellte. Sohn eines Nigerianers, der irgendwann auf Nimmerwiedersehen verschwand, und einer Schweizerin, die ihn als allein erziehende Mutter aufgezogen hatte. Achebe war vierundzwanzig und konnte noch kaum einen persönlichen Erfolg vorweisen. Zwar hatte er mit Ach und Krach an einer Privatschule, deren Schulgeld sich seine Mutter am Mund absparte, die Matura bestanden, aber danach brachte er nichts mehr zustande. Er schrieb sich an der Uni ein, doch legte er keine Prüfungen ab, nahm keine Freizeitjobs an, pflegte keine Freundschaften. Er bezeichnete sich selbst bei jeder Gelegenheit als Versager, als dümmer, unwichtiger und unattraktiver als andere, seine Gesellschaft als uninteressant und sein Leben als sinnlos. Er hatte einen echten Minderwertigkeitskomplex. Dabei war seine dunkle Hautfarbe nur noch das Tüpfchen auf dem i, das seine sowieso schon gefühlte Minderwertigkeit noch unterstrich. Widerspruch oder Zuspruch halfen nichts, es musste ihm schlecht gehen – das war die einzige Lebensform, mit der er seiner Überzeugung nach Beachtung und Zuwendung, und sei es bloss von seiner Mutter und seinen Ärzten, ergattern konnte.

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