Читать книгу Katholisch und Queer. Eine Einladung zum Hinsehen, Verstehen und Handeln онлайн
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Was fehlt?
Mir fehlt eine katholische Kirche, die authentisch ist. Mir fehlt eine Kirche, die im Hier und Jetzt lebt und das hier Beschriebene als Realität wahrnimmt. Ich will eine Kirche, die die Männermacht aufgibt und Menschen nach ihren Gottesgaben einstellt und bezahlt. Und ich wünsche mir eine Kirche, die ihre dunklen Seiten offenlegt und über ihren Missbrauch spricht.
4. „Zwischen Geringschätzung und Wertschätzung“
Gerhard Wachinger, geb. 1966
Aufgewachsen bin ich im Münchner Umland. Dort habe ich wiederholt eine homophobe Welt erlebt. Ich kann mich erinnern, dass ich in der vierten Klasse zu einem Mitschüler zärtlich war. Da wurde ich vor der Klasse bloßgestellt. Dass man nicht schwul sein darf, war also nicht nur in der Kirche so, sondern in der ganzen Gesellschaft. Später dann nach München zu ziehen und dort zu studieren, war für einen 20-Jährigen eine vielversprechende Aussicht.
Im Priesterseminar habe ich viel unterschwellige Homosexualität erlebt, die sich mir aber oft erst in der Reflexion erschloss. Explizit habe ich nichts erlebt. Mein Coming-out habe ich dann zum Anlass genommen, das Seminar zu verlassen und erst im Zivildienst, anschließend im Hauptstudium meine Identität zu entwickeln. Nachdem dies vorläufig geklärt war, habe ich die Ausbildung zum Pastoralassistenten abgeschlossen. Und während dieser erhielt ich bereits vereinzelt Unterstützung, zum Beispiel vom Ausbildungsleiter, der mich bestärkt hat, mit meinem Weg weiterzumachen. Der christliche Glaube hat mich immer in meinem „So-Sein“ bestärkt; homophobe Äußerungen hingegen haben mich nie vom Gegenteil überzeugt.