Читать книгу Katholisch und Queer. Eine Einladung zum Hinsehen, Verstehen und Handeln онлайн
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Ich hatte mich „gut“ eingerichtet, mein Doppelleben zu führen. In der Gemeinde war ich die Seelsorgerin und zu Hause die Partnerin.
Der Wendepunkt war meine Verabschiedung aus der Gemeinde. Ein großes Fest, ein großer Gottesdienst. Es war fast perfekt, aber eben nur fast. Denn meine Frau und eine ihrer Töchter saßen nicht da, wo sie hingehörten: neben mir! Sie saßen ein paar Reihen hinter mir und ab diesem Moment brach der Schmerz sich Bahn.
Fast täglich stellte ich mir selbst die Frage: Warum ist das so? Warum kann ich nicht so sein, wie ich bin und meinen Beruf ausüben? Von da an hatte ich auch eine große Angst, geoutet zu werden und meinen Beruf zu verlieren. Mein „nicht kirchliches“ Umfeld konnte diese Angst kaum verstehen. „Was ist denn daran so schlimm, dass du lesbisch bist?“ – „Hat doch den Arbeitgeber nichts anzugehen!“ Doch in meinem beruflichen Umfeld, wo ich nicht geoutet war, konnte ich über diese Angst nicht sprechen.
In den darauffolgenden Jahren fand ich einige Kolleginnen und Mitarbeiterinnen, denen ich mich anvertrauen konnte. Sie nahmen mich an; es ging gut. Die Angst blieb trotzdem und vor jedem Gespräch wuchs sie ins Unermessliche. Was ist, wenn die Kollegin mich nun doch beim Bischof anzeigt? Und jede Äußerung der Kirche über Homosexualität traf mich bis ins Innerste!