Читать книгу Das Rennen gegen die Stasi. Die Geschichte des Radrennfahrers Dieter Wiedemann онлайн

13 страница из 48

Das Problem für die Obrigkeiten der Diktatur war, dass Lötzsch regelmäßig Fahrern das Hinterrad zeigte, die all diese Möglichkeiten hatten, und auf diese Weise die ganze Doppelmoral des politischen Systems direkt an der Wurzel lächerlich machte. Wolfgang Lötzsch war ohne Umstände der beste Radsportler der DDR, aber seine Karriere wurde zum ideologischen Cause célèbre. Allein ihn anzufeuern, bedeutete praktisch schon einen Akt des Widerstands gegen die Partei, und während er auch als BSG-Sportler Sieg um Sieg errang, wuchs sukzessive auch sein Fanlager. Wolfgang Lötzsch wollte eigentlich nur trainieren und Rennen fahren und den Menschen zeigen, was er sportlich draufhatte. Politik interessierte ihn nicht. Dennoch wurde er zusehends zu einer Symbolfigur. Wolfgang Lötzsch wurde zum Sportidol des »passiven Widerstands«. Und so erklärte ihm die Stasi den totalen Krieg.

Zwölf hauptamtliche Stasi-Mitarbeiter und fünfzig IMs waren ihm ständig auf den Fersen, verfolgten jeden seiner Schritte, und schließlich brach er ein. Indem er seine Unterstützung für den Dissidenten Wolf Biermann zum Ausdruck brachte, lieferte er ihnen genau die Argumente, die sie brauchten. Wolfgang Lötzsch wurde zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, saß zehn Monate lang in Einzelhaft, und als er freigelassen wurde, entzog man ihm die Rennlizenz. Auch als er sie später zurückerhielt, blieb er permanenten Anfeindungen ausgesetzt. Sein Leben und seine Karriere gerieten immer mehr zu einer politischen Schachpartie, die vor den Augen der Öffentlichkeit ausgetragen wurde. Als Teilzeitsportler ohne Unterstützung, konkurrenzfähiges Material und vernünftige Trainingsmöglichkeiten düpierte er auch weiterhin ein ums andere Mal die praktisch unter Profibedingungen trainierenden Staatsamateure und deren Zahlmeister.

Правообладателям