Читать книгу Das Rennen gegen die Stasi. Die Geschichte des Radrennfahrers Dieter Wiedemann онлайн

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Von Anfang an betrachteten westliche Politiker und Diplomaten die DDR als Unrechtsstaat, den die UdSSR völkerrechtswidrig ins Leben gerufen hatte und sowohl militärisch als auch politisch stützte. Stalin seinerseits hielt sich nicht lange mit diplomatischen Plattitüden auf. Vielmehr wies er seine Untergebenen in Ost-Berlin an, aus Ruinen einen neuen dynamischen Staat aufzubauen und die 18,9 Millionen Einwohner dazu zu bringen, bei der Sache mitzumachen. Irgendwie mussten all die Menschen überzeugt werden, dass sie Anteilseigner einer neuen progressiven Gemeinbesitzgesellschaft waren. Dass es ihre Pflicht war, eine Alternative zu jenem Imperialismus zu schaffen, der millionenfach Tod und Leid über ihren Kontinent gebracht hatte.

Die politische Rhetorik der im Aufbau befindlichen DDR war dementsprechend nicht nur von stereotypen kommunistischen Losungen geprägt, sondern auch von einem beispiellosen Optimismus. Mit Hilfe einer gigantischen Propagandamaschine machte sich die Partei daran, die Menschen in Ostdeutschland zu überzeugen, dass sie einen sozialistischen Musterstaat schufen. Wie üblich unter solchen Bedingungen leistete man der Vorstellung eines gemeinschaftlichen Feindbilds – des Kapitalismus – mit aller Macht Vorschub und gab ihm einen Namen und ein Gesicht: Konrad Adenauer, Kanzler der Bundesrepublik, und dessen Regierung in Bonn. Dafür gab es einleuchtende Gründe. In Leipzig, Dresden und Ost-Berlin erlebten Millionen Deutsche als direkte Folge der Naziherrschaft entsetzliches, unermessliches Elend. Deshalb ließ die Partei nichts unversucht, um zu dokumentieren, dass Westdeutschland weiterhin ein Bollwerk des Faschismus sei: Die Bundesrepublik war der Klassenfeind, gegenüber dem man sich mit allen Mitteln abgrenzen musste. Wenn man die Menschen in Ostdeutschland von dieser Sicht der Dinge überzeugen könnte, so der Grundgedanke, würde es auch gelingen, sie von der Last moralischer, emotionaler und politischer Verantwortung für den Krieg zu befreien. Das wiederum würde die nationale Einheit der DDR befördern und letztendlich die Utopie des Kommunismus verwirklichen. Gleichzeitig wurden alle Oppositionsparteien systematisch ausgeschaltet, Polizei und Justiz auf Parteilinie gebracht, die kirchlichen Institutionen an den Rand gedrängt.

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