Читать книгу Das Rennen gegen die Stasi. Die Geschichte des Radrennfahrers Dieter Wiedemann онлайн

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Die Friedensfahrt ließ sich perfekt instrumentalisieren, um sowohl den Patriotismus als auch die soziale Kontrolle zu fördern. Schulen und Fabriken stellten Lautsprecher auf, aus denen Radioübertragungen des Rennens zu hören waren, und betrachteten es als eine Ehre, einen Beitrag zu den Sachpreisen für die Rennfahrer zu leisten. Am großen Tag der Etappe waren ganze Dörfer und Städte auf den Beinen, Schüler und Fabrikbelegschaften wurden in Bussen an die Strecke gekarrt, um als Teil des Spektakels mitzuwirken und ihm eine angemessene Kulisse zu bescheren. Jeder empfand es als seine persönliche Schuldigkeit, am Straßenrand zu stehen; zumal man damit rechnen musste, dass einem dies als demonstrative Vernachlässigung der Bürgerpflichten angekreidet wurde, wenn man dem Rennen fernblieb. Bürgermeister appellierten an die Bevölkerung ihrer Stadt, in Massen zu erscheinen, und hofften inständig, im Wettbewerb um den farbenprächtigsten nur denkbaren Empfang des Rennens gut abzuschneiden. Obschon es zweifellos Menschen gab, die den Besuch einer Friedensfahrtetappe eher als Zwang empfanden, wurde das Rennen schnell zum Synonym für Spaß, Gemeinschaftsgefühl und zivilen Stolz. Alle waren gemeinschaftlich dabei, die Friedensfahrt war ohne Zweifel der Höhepunkt des Sportkalenders. Nicht zu Unrecht trug sie auch den Beinamen »die Fahrt der Millionen«.

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