Читать книгу Mit dem Klapprad in die Kälte. Abenteuer auf dem Iron Curtain Trail онлайн

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Das war der leichte Teil der Übung. Sobald der Körper unterwegs normale Betriebstemperatur erreichte, trieb mir schon die geringste Anstrengung den Schweiß aus allen Poren. Ich war am Vormittag mit dem Schrecken davongekommen, als mir an einem kleinen Anstieg kurzzeitig der Ellenbogen gefror, aber sofern ich vor Einbruch der Nacht meine Unterkunft erreichen wollte, stand mir nun ein unvermeidlicher Kraftakt bevor, der einer Einladung für heftigste Transpiration gleichkam. Und dabei war das teuflische Dilemma, das mir einer der vielen launenhaften Fallstricke der Psycho-Physiologie bescherte, noch nicht einmal berücksichtigt: Wenn es etwas gibt, was einen garantiert wie ein Schwein schwitzen lässt, dann das Wissen darum, dass genau das dich umbringen könnte.

Inzwischen war es weit nach 18 Uhr und der lange Abschied der Sonne vergoldete die alabasterne Wildnis auf eine Weise, die durch eine beheizte Windschutzscheibe betrachtet sicherlich wundervoll aussah. Ich senkte meinen glasigen Blick auf den Bildschirm des Garmin und sah zu, wie die Temperaturanzeige auf minus 14,2 Grad sank. Ein jämmerliches Schniefen ließ knisternd meine Nasenhaare gefrieren. Irgendwo unter den sechs Schichten aus Gummi, Merinowolle und Plastik erstarben meine Zehen mit einem gepeinigten Klagen, das im erstarrten Gehölz um mich herum verklang. Viel bedenklicher aber waren die Meldungen, die ich von innerhalb meiner Lenkerstulpen vernahm: Die dreifach behandschuhten Finger, die den ganzen Nachmittag den Lenker umklammert hatten, schienen nun förmlich zu glühen und sehnten sich danach, aus ihrem vierwändigen thermischen Gefängnis befreit zu werden. Eisheilige Scheiße! Da waren sie, die rauschhaften Wahnvorstellungen der Unterkühlung, die mich zu einem friedvollen, sinnlosen Tod verleiten wollten. Allein der Gedanke presste meine Schweißdrüsen wie reife Zitronen aus; beide Achselhöhlen kribbelten und ein Rinnsal rann meinen Nacken hinunter. O Gott, nein! Ich wölbte meinen Rücken, um diese schändlichen Vorboten mit sanftem Druck gegen saugfähiges Textil zu tilgen, und machte dabei eine Entdeckung, die einen dampfenden Schrei des Entsetzens in die arktische Ödnis schickte: Mein Anorak, das ganze Teil mitsamt Ärmeln, Rumpf, Kragen et cetera, war von innen festgefroren, ein Exoskelett aus geeistem Schweiß, das ich ablegen und neben mir in den Schnee hätte stellen können. Um mich dann mit ihm zu verbrüdern und Arm in Arm in Richtung des Rettungshubschraubers zu stapfen, der jenseits der verschneiten Anhöhe wartete.

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