Читать книгу Kulturtheorie. Einführung in Schlüsseltexte der Kulturwissenschaften онлайн

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Neue Theorien und Disziplinen bringen stets neue Blickwinkel hervor. Im Fall von CassirerCassirer, Ernst ist es die Hinwendung zur ‚Form‘, aber auch die Betonung des Funktionalen. Das Grundprinzip des kritischen Denkens, des Vorrangs der FunktionFunktion gegenüber dem Gegenstand (und damit auch das Primat des Prozesses gegenüber dem Produkt), wird über Philosophie und Wissenschaft hinaus auf Kultur und GesellschaftGesellschaft, gesellschaftlich ausgeweitet:

Neben der reinen Erkenntnisfunktion gilt es, die FunktionFunktion des sprachlichen Denkens, die Funktion des mythisch-religiösenReligion, religiös Denkens und die Funktion der künstlerischen Anschauung derart zu begreifen, dass daraus ersichtlich wird, wie in ihnen allen eine ganz bestimmte Gestaltung nicht sowohl der Welt, als vielmehr eine Gestaltung zur Welt, zu einem objektivenobjektiv, Objektiv- Sinnzusammenhang und einem objektiven Anschauungsganzen sich vollzieht.14

Das eine Sein lässt sich nicht mehr statisch festhalten, sondern manifestiert sich in der „unreduzierbaren Mannigfaltigkeit der Wissensmethoden und der Wissensgegenstände“. Der PluralismusPluralismus, pluralistisch, die Vielheit der Weltzugänge, wird hier in einem schwerwiegenden Sinn verstanden. Denn unter dem Pluralismus zerfällt das eine Sein, auf das hin sich das westlich-abendländischeAbendland, abendländisch Denken stets ausgerichtet hat. Oder um bei obigem Beispiel mit den Menschen vom anderen Planeten zu bleiben: In gewisser Weise gibt es – gegen die HegelHegel, Georg W.F.’sche DialektikDialektik, die ReligionReligion, religiös und KunstKunst, Kunstwerk als Vorformen des reinen Wissens (miss-)versteht – diese Inkompatibilität auch ohne die phantasierten kosmischen Fremdlinge. Denn der jeweilige Weltzugang des mythischen Menschen, des modernenModerne, modern, -moderne Künstlers und des Atomphysikers sind nicht zur Deckung zu bringen, obschon ihre kognitive, ästhetische und affektive Ausstattung wenigstens potenziell dieselbe ist. Es mag Überschneidungen und auch Rivalitäten geben, schon deshalb, weil sie sich desselben semiotischen Materials bedienen. Aber sie leben, jedenfalls solange sie beten, komponieren oder vor dem Elektronenmikroskop sitzen, in völlig verschiedenen Welten, die keinen gemeinsamen Nenner haben. In der Vielheit zu leben, bedeutet – schon in einer Binnenkultur – auf Einheit zu verzichten, jedenfalls auf eine Einheit die ontologisch verbürgt wäre. So sind intra- und interkulturelleInterkulturalität, interkulturell Phänomene in einer oftmals als homogenHomogenität, homogen gedachten Kultur unter den Bedingungen von Modernität unvermeidlich.

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