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Mittags vermochte ich vor Aufregung keinen Bissen zu essen. Selbst Bruder Karls Fröhlichkeit und himmelstürmender Übermut hatte sich in Ernst verwandelt, und die Mutter versuchte umsonst ihr Bangen zu verbergen. Um vier Uhr schon kleidete ich mich als Bäuerin — ich seh' mich heute noch im grünen, wollenen Rock, roten Tuchleibchen, weißen Ärmeln, großer, faltiger Schürze, am schwarzen Samtbande das silberne Kreuzchen, von dem Margarethe zu sprechen hat, die Haare zurückgestrichen und in Zöpfe geflochten niederhängend. — Ich kam mir schließlich aber doch furchtbar dünn vor und fand mich nur — ziemlich hübsch in dem Kostüm. Um 5 Uhr holte Mlle. Demmer die Mutter ab; sie sah aufgeregt aus und ihre Wangen glühten. Sie zeigte mir noch, wie ich mich verbeugen müsste … im Fall ich hervorgerufen würde, und fragte, was ich dann sprechen wollte? — »Oh, in die Verlegenheit werde ich wohl nicht kommen!« — »Aber, Kind, im Fall es doch geschehen sollte, wie wollen Sie danken?« — »Nun, ich werde sprechen — — was mir gerade einfällt!« entgegnete ich resolut. Die Demmer schüttelte bedenklich den Kopf. Der Wagen rollte heran, der Theaterdiener klopfte und bat um die mitzunehmenden Sachen. Ich umarmte Mutter, Bruder, Mlle. Demmer und bat Alle, ja ruhig zu sein. — — Schnell flog ich die Treppen hinab, in den Wagen — der Schlag klappte zu — und einer Ohnmacht nahe schloss ich die Augen und bat Gott um seinen Beistand … Im Konversationszimmer verhielt ich mich sehr still und ging die Rolle noch in Gedanken durch. Herr Demmer, der den Konsulent Wachtel spielte, schminkte mich. — Ich hörte die Ouvertüre, vernahm das Klingeln am Aktschluss, wagte aber vor lauter Bangigkeit nicht zuzusehen. Da klingelte es zum dritten Male — Herr Demmer führte mich zu dem Hügel, von welchem herab ich zu kommen hatte. Ich stand, des Stichworts harrend, mit Rechen, Hut, Wasserkrug — nein! der war vergessen. — »Mein Wasserkrug!« rief ich — und der Requisiteur vermochte ihn mir noch zu geben. »Jetzt!« flüsterte Herr Demmer — ich trat vor und wurde mit Beifall empfangen! — Darauf war ich nicht vorbereitet, ich wusste nicht, sollte ich mich verbeugen oder sprechen, es flimmerte mir vor den Augen, die helle Beleuchtung blendete mich förmlich, aber mein Stoßgebet: »Lieber Gott, steh' mir bei« — half — und hell und fröhlich begann ich: »Ist der Schwager noch nicht da?« … — — Wie ich die Margarethe darstellte — weiß ich nicht; ob ich den Beifall verdiente — eben so wenig, ich erinnere mich nur, dass es mir war, als sei ich wirklich die Margarethe! — dass ich mit Entzücken spielte, den Hofrat trotz seiner 45 Jahre liebte, weinte, lachte, wie es die Rolle mit sich bringt, und als Herr Meierhofer (der den Hofrat hinreißend darstellte) die letzten Worte sprach, indem er mir die Feldblumen überreichte: »Blühe wie sie, nütze wie sie, und bleibe dem Schmucke getreu, mit dem deine Felder Dich schmückten« — sank ich an seine Brust und erwachte wie aus einem Traum, als nach dem Fallen des Vorhangs »Margarethe« stürmisch gerufen wurde.

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