Читать книгу Auf nach Wien. Kulturhistorische Streifzüge онлайн

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Realiter sollte die Stadt jedoch eher finsterer denn heller werden. Denn mit Fortdauer des Krieges und den zunehmenden Luftangriffen der Alliierten wurden strenge Verdunkelungsmaßnahmen angeordnet. Auf der Straße kamen kleine Petroleumlampen anstelle der bisherigen Beleuchtungskörper zum Einsatz, und immer öfter konnte man auf Plakaten die Warnung lesen: »Der Feind sieht dein Licht!«


Parlament, nationalsozialistische Propagandakarte, 1938

Aufmerksamkeit mithilfe des Lichts zu erzeugen war zu einer tödlichen Gefahr geworden. Der Krieg hatte die gewohnten Wahrnehmungsmuster ins Gegenteil pervertiert. Es galt umzulernen. Erst in der Nachkriegszeit durfte man sich wieder öffentlich an der Kraft des Lichts erfreuen.


Kärntner Straße bei Nacht, Ansichtskarte, 1967

NACHT OHNE FINSTERNIS

Es war ein besonderer Eyecatcher, der mir – als frisch nach Wien Zugezogenem – in den 1980er-Jahren immer wieder auffiel: Die überdimensionalen Konturen des »Moulin Rouge« am Beginn der Kärntner Straße. Vor allem nachts stach die Leuchtreklame besonders ins Auge, thronte die rote Windmühle eindrucksvoll hoch über der Straße, strahlend und verlockend, und ein langgezogener Pfeil wies in jene Richtung, in der sich das berühmtberüchtigte Erotiketablissement befand. Seit den 1920er-Jahren trug das Nachtlokal in der Walfischgasse diesen klingenden, dem großen Pariser Vorbild nachempfundenen Namen – Inbegriff und Hotspot des Wiener Nachtlebens bis in die jüngere Zeit. Und so war es wohl auch kein Zufall, dass die bekannten »Geilomobil«-Fotos des späteren Bundeskanzlers Sebastian Kurz noch im Jahr 2010 genau vor dieser Location aufgenommen wurden.

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