Читать книгу A votre santé. Der Coach im Weinberg онлайн

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Wenn es denn stimmt, dass die menschliche Spezies sich u.a. dadurch auszeichnet, dass sie ständig auf der Suche nach neuen Erfahrungen ist, wird man sich am ehesten bei einem Weinhändler seines Vertrauens einfinden, der je nach Anliegen maßgeschneiderte Angebote macht – vielleicht auch die von ihm gewählten Beschränkungen aufzeigt, dass er z.B. aus guten Gründen keine Besäufnisweine im Sortiment hat.

Es gilt jedoch vor allem, dass der Anlass sehr stark mit unseren Erwartungen verknüpft ist (die sind es ja auch, die enttäuscht werden können). Aber ein guter Weinhändler wird die Auswahl als Co-Konstruktionsprozess begreifen, in dem er Erwartung, Anlass und Anliegen auf dem Hintergrund seiner Expertise und seines Angebots reflektiert. Möglicherweise wird das Anliegen spezifiziert und unmerklich modifiziert, und dieser Prozess wird einen Einfluss darauf haben, ob der Wein in der nachfolgenden Verkostung als gut, d.h. angemessen und zielführend erlebt wird.

Natürlich kann ich diese »probatorische Sitzung« auch umgehen und direkt als selbst ernannter Weinkenner aus den Regalen des Supermarkts eine Auswahl treffen. Inzwischen gibt es hier unendlich viele verschiedene Weine, und ich treffe häufig Bekannte, die mir mit leuchtenden Augen berichten, dass sie dort beispielsweise einen Merlot gefunden hätten, der dem von mir neulich präsentierten, doch etwas tanninhaltigen Wein deutlich überlegen sei – und der sie nun, da sie sich reichlich damit eingedeckt hätten, als täglicher Weingenuss begleiten würde. Die leuchtenden Augen meines Gegenübers halten mich dann zumeist davon ab, dieses Gespräch fortzusetzen. Das liegt zum einen daran, dass ich mein Sendungsbewusstsein und meine Besserwisserei in Bezug auf Wein nach Aussagen meiner Frau doch etwas zügeln sollte. Zum anderen habe ich beim Coaching gelernt, dass (abstruse) Ideen leichter der Selbstreflexion zugänglich sind, wenn man sie nicht ständig kommentiert, sondern unwidersprochen im Raum stehen lässt. Und wenn diese arrogante Haltung für mein Selbstwertgefühl noch nicht ausreicht, denke ich an eine Aussage der Sommeliere und Weinautorin Paula Bosch:

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