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Sie täuschte sich, es war ihnen nicht gleichgültig; das Bewußtsein, daß man hier in einem dem Untergang geweihten Hause zum Abschied um die gemeinsame Tafel versammelt war, lagerte vielmehr über der ganzen Runde, und am Ende, als Champagner eingeschenkt wurde, kam es denn auch zur Sprache. Professor Junod setzte zu einem kleinen Toast an, in dem er Frau Barbara als die Spenderin des festlichen Mahles ehrte und sie hochleben ließ als die Seele dieses Hauses, das nun wie eine überreife Schale von ihr abfallen werde. «Die Form zerfällt, wie alle Form», schloß er, «aber der gute Geist, der sie beseelt hat, lebt unverändert weiter in der Herrin, die auch in Zukunft die Hausherrin sein wird.»
Bald nach ihm sagte Hartmann ein paar Worte; im Gegensatz zu Junod, der mit schüchtern verbindlichem Lächeln unter wiederholten leichten Verbeugungen sich während der ganzen Rede an Frau Barbara gewandt hatte, schaute er, ohne seine Haltung zu ändern, mit sachlich ernster Miene ungezwungen vor sich hin. «Das Haus Ammann», fuhr er nach einer knappen Einleitung fort, «ist mir immer als eine Verkörperung des guten schweizerischen Bürgertums erschienen, zu dem wir schließlich alle gehören. Seine Tugenden haben sich in diesem Hause bewährt, und bewähren sich immer noch. Das Kleinbürgerliche, das ihm gelegentlich anhaftet, ist hier überwunden. Dieses Bürgertum ist heute der sichtbarste Ausdruck der Nation. Manche schweizerische Tradition ist im Absterben. Die Tradition unseres Bürgertums ist im Wachsen begriffen, sie hat die Zukunft für sich. Mehr kann man nicht haben wollen. In diesem Sinne trinke ich auf die Zukunft des Hauses Ammann.»