Читать книгу Jugend eines Volkes. Ehrenhafter Untergang. Erzählungen онлайн

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Otfried kehrte traurig bei Ruotpert ein, und dieser sprach von nun an offen über die rohe Tat sein Urteil. Des Weibes unsterbliche Seele, verkündete er vor Männern und Frauen, verbiete dem Mann nicht nur gewaltsame Werbung, sondern fordere von ihm Ehrfurcht und zarte Schonung. Dies gefiel den Frauen wohl, doch ein Übelgesinnter rief: «Eh Ihr die Weiber schwach und feig gemacht, hat noch keine um Ehrfurcht und Schonung gebettelt, sondern im Gegenteil erfahren wollen, was ein Mann ist.» Dies rief er, kehrte sich ab und stapfte davon. Ruotpert ­erzählte aber, wie das Weib schon überall des adligen Mannes besonderen Schutz und höchste Achtung genieße, und die Frauen hörten ihm gern zu.

Mit Otfried beriet er sich noch manchen Tag und begleitete den Scheidenden eines Abends zum See. «O Bruder, wie mich gelüstet, den Kampf aufzugeben und in der Einsamkeit dem Herrn mich ganz und gar zu weihen», gestand er müde. Otfried erzählte aber von den Leuten um den Kernwald, zu denen er fuhr. «Sie sind getauft und gläubig … aber die Anfechtungen des Bösen sind viel gewaltiger als hier … lieber Bruder … er haust dort in Drachengestalt, die Hirten zittern vor ihm, und eh ich ihn nicht vertilgt habe mit diesen meinen Händen, mit denen auch ich lieber einsam anbeten möchte, hab’ ich nichts getan, das auch nur des geringsten dessen würdig wäre, was Jesus Christus – sein Name sei gelobt in Ewigkeit – für uns getan.» Er nahm am Ufer Abschied und ruderte einsam hinaus gegen Untergang. Ruotpert sah ihn noch draußen vor dem rotglühenden Himmelsgrund aufrecht im Einbaum stehend mit ausgebreiteten Armen sein Abendgebet verrichten.

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