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Vor dem Mietshaus hackt die Pförtnerin, die kürzlich ihren Mann verloren hat, im kleinen Beet. So lebt die Vergangenheit wieder auf in Form von Strandkiefer, Rhododendron, Stachelbeerstrauch. Man braucht nur zu giessen, zu hacken, das Unkraut zu jäten. Nachts behält die Pförtnerin ihre Pflanzen im Auge, denn eines Morgens hat sie, darin verfangen, einen Nylonstrumpf gefunden. In ihrem Zimmer im Erdgeschoss hört sie sie wachsen, wenn der Verkehr schweigt. Und in windigen Nächten, in ihrem Witwenbett ausgestreckt, hört sie sie miteinander sprechen. An einem Julimorgen hat sie anstelle ihrer windgezausten Bäumchen Stimmen gehört, die von den Grünanlagen vor dem Mietshaus kommen mussten. Worte, trocken wie abgebrochene Äste, und auch eine Frauenstimme, so schien ihr. Sie hat durch den Fens­terladen gespäht. «Sag mir, wer dich rübergebracht hat, sag mir, wer dir geholfen hat …», sagte der Polizist zu einem Schatten unter den Linden, vielleicht eine Türkin, eine Flüchtlingsfrau. Sie hat gelauscht, bis die erste Helligkeit die Turteltauben geweckt hat.

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