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Mir fallen die Geschichten ein, die Aldo im Sommer erzählte, als er mit den Nachbarn auf der Steinbank sass. Geschichten von Wein und Unfällen: zwei Finger vom Strom verbrannt auf einem Hochspannungsmast an der Linie Zug–Cham, wo die Züge durchbrausen und einen Feuerschweif hinter sich lassen; die Geschichte des dritten Fingers, den er bei der Eisenbahn unter einem Kran verlor.
Aldo war ein jähzorniger Trinker. Eines Abends hat er mit seinem Flobertgewehr auf den Nachbarn geschossen, weil dieser nie die Eingangstüre zumachte und ihm kalt war in der Küche im Erdgeschoss: nur einer der grossen Streits unter Nachbarn, die sich hassen wegen eines überhängenden Zweigs, eines Autos, eines Müllsacks. Ein andermal hat er sich damit begnügt, auf einen Holzstoss zu zielen, um den Rausch auszutoben.
Er zeigt mir ein Foto, auf dem man ihn im Sattel eines Motorrads sieht, mit einem Freund auf dem Rücksitz: Er trägt eine Soldatenuniform und blickt voller Stolz ins Objektiv. Gut sieht er aus, strahlend. Mit diesem Motorrad hat Aldo in Balerno ein Schaufenster zertrümmert, ist in Castello in die Schächte der Kanalisation eingedrungen, ist am Rand der Brücke gelandet … Er stürzte sich betrunken in nächtliche Streifzüge, als suchte er das Massaker, die Verstümmelung.