Читать книгу Das Bündel Zeit. Erinnerungen an eine Kindheit am Berg онлайн

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Heireli war damals zehn Jahre alt, und noch heute könne er dieses Bild malen. Er habe Marie nicht wiedergesehen. Sie habe den schmalen Weg ins Tal genommen, ins Tal der Linth, des silbergrauen Flusses.

Vielleicht nicht so schlimm

Auf dem Berg schneit es, seit Stunden, Tagen. Flocken wie Leintücher, sie fallen leicht und schwer. In ihrem Weiss verstummen Worte, Rufe, Namen. Wegen des Schnees hat das Kind in dieser Nacht in Braunwald auf dem Berg, nicht bei den Eltern geschlafen.

Auf dem Weg zur Schule verschwinden die Köpfe der Kinder im Schnee. Von Sepp, auf dem Weg zum Stall, ist nur seine Mütze zu sehen, sie schaukelt wie ein Boot in Not. Um neun Uhr sitzen sieben Schüler atemlos auf ihren Plätzen, reiben sich die Hände, und wie immer setzt sich Lehrer Faust auf die zweite Schulbank links, und die Kinder ahnen es, er wird nicht über den Tagesablauf sprechen, er schaut in die Runde, wirft einen Blick durchs Fenster und spricht mit ungewohnt leiser Stimme. Dass wegen des grossen Schnees einige Kinder zu Hause, andere stecken geblieben sind, er habe um sieben Uhr früh eine Nachricht erhalten … Alles sei noch nicht klar, vielleicht nicht so schlimm, aber es ha­be wahrscheinlich Tote gegeben, man wisse noch ­wenig, er wendet sich mir zu und sagt: «Du kannst gehen, wenn du willst.» Dann wird seine Stimme alt wie immer.

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