Читать книгу Zorn und Freundschaft. Max Frisch 1911-1991 онлайн
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Im Erscheinungsjahr des Romans war Frischs Tochter Ursula, ein Jahr später der Sohn Hans Peter zur Welt gekommen. Frischs rückblickender Kommentar zu den Geburten ähnelt Hinkelmanns Reaktion. Hinkelmann: Er war »bereits unterrichtet, daß ein Kind in Aussicht stand, im Grunde wenig entzückt, aber ritterlich genug, seine männliche Eigensucht zurückzustellen und ihre weibliche Freude nach bestem männlichen Vermögen mitzumachen …«.219 Frisch: »Als jüngerer Mann habe ich mir Kinder nicht eigentlich gewünscht; die schlichte Nachricht, daß ein Kind gezeugt worden ist, hat mich gefreut, der Frau zuliebe.«220
Nachdem Yvonne ihn verlassen hat, bricht für Hinkelmann die Welt zusammen. Er bringt sich um. Die bürgerliche Normalehe, so das Fazit des ersten Romanteils, bringt keine Lebenslösung.
Im zweiten Teil, Turandot oder Das Heimweh nach der Gewalt, begegnen sich Jürg Reinhart und Yvonne in der Schweiz. Jürg ist Maler geworden und bemüht sich mit aller Kraft um künstlerische Selbstverwirklichung. Yvonne versucht mit Geigenunterricht und Büroarbeit ein materiell eigenständiges Leben zu führen. Sie sieht in Jürg einen verlockenden Ausweg aus ihrem unbefriedigenden Dasein als alleinstehende Frau.221 Reinharts Lebenscredo beeindruckt sie: »Alles, was man so Erziehung nennt, ist eine Schule der Verheimlichung, Angst ist unser Erbe, Angst, geboren aus der Verheimlichung alles Wirklichen, alles Ungemütlichen, alles Ungeheuren, das da ist … Wie sollten wir dankbar sein, daß wir leben! daß wir Wesen sind, die vergehen, die all das Zeitlose schauen und mit Schauer begreifen, daß sie sterben müssen, immerzu, damit sie die Schönheit begreifen … Man müßte auch danken können für den Schmerz, für die Angst, für den Ekel, für die Öde, für die schiere Verzweiflung, für alles, was unser Herz erlebt, alles innerlich Wirkliche, was den Bogen unsers Lebens spannt, auch für das Ewig-Unsichere, das unser Leben in der Schwebe hält wie eine glühende Kugel!«222