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Diese Schösslinge waren der Beginn ihrer Freundschaft. Ob sie angewachsen seien und Wurzeln treiben, ob sie blühen würden und wann, das wollte Stella wissen. Die Sciora vergaß nie da­r­über zu berichten. Auch bewunderte sie jedes Mal neu die schönen Pflanzen in Stellas Fenstern und bemerkte ihre Fortschritte in Wachstum und Blüte.

Die gemeinsame Freude an den Geranien machte das Mädchen zutraulicher. Es kam nun vor, dass Stella auch über andere Dinge sprach, und die Sciora wunderte sich, wie klug sie war und wie viel sie gedacht hatte. Sie sagte es ihr einmal und fragte, ob sie viel lese.

«Das Weben gibt einem Gedanken», meinte sie. «Mir kommt manches in den Sinn, wenn ich webe und sehe, wie aus dem festen Zettel und dem freien Einschlag etwas entsteht. Der Zettel ist nichts für sich allein und der Einschlag auch nicht. Aber zusammen verkreuzt wird daraus ein guter Stoff. Darüber muss ich dann nachsinnen und da kommen die Gedanken von selbst.»

Seit die Sciora sich für das Mädchen interessierte, schien ihr, man spreche nur von ihm. Früher war es ihr nicht aufgefallen. Vielleicht dass wirklich erst seit kurzem das Geschwätz auf ­Stella kam. Man hörte ihren Namen mit demjenigen von diesem oder jenem Burschen zusammen genannt. Es hieß, sie möchte gerne heiraten und mancher junge Mann denke an sie. Es hieß auch, es sei Streit im Hause des Posthalters. Das freundlich sorgende Wesen des Vaters und die Ergebenheit der Tochter seien nur ein Schild, hinter dem die Wahrheit sich verberge. Und diese Wahrheit sei nicht schön.

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