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Der Tag von Maria Himmelfahrt rückte heran. Dieses Jahr sollte das Fest im oberen Dorf besonders schön werden. Es wurden Gaben gesammelt, die nach der feierlichen Prozession, an welcher sich die heilige Jungfrau selbst, ganz aus Gold, um die Kirche herumtragen ließ, versteigert werden sollten. Der Erlös ge­hörte ihr. Man dachte daran, ihr einen neuen Baldachin anzuschaffen. Der alte würde nicht mehr manche Prozessionen überstehen.

Kleine und große Mädchen gingen von Haus zu Haus die Ga­­ben sammeln. Ein jeder schenkte etwas, denn wem hat die Muttergottes nicht schon geholfen? Da waren Handarbeiten, Hä­kelspitzen, gestickte Deckchen, aber auch Lebensmittel, Eier, Hühner und Kaninchen. Es war noch zu bestimmen, wer in diesem Jahr die Jungfrau würde tragen dürfen. Nicht jeder war dazu berufen. Es musste ein ehrbarer und frommer Mensch sein, der fleißig zur Beichte ging. Es hatten sich vier italienische Holzfäller anerboten. Sie arbeiteten jenseits der Grenze im Wald, doch kamen sie jeden Sonntag ins obere Dorf zur Messe, da es der nächste Kirchort war. Man kannte sie als rechte Leute. Die ­Mädchen schauten ihnen am Sonntag nach. Besonders der eine, Renzo, gefiel. Er war nicht schön, aber dunkelbraun und stark wie ein Bär. Im linken Ohrläppchen trug er einen goldenen Ring. Wenn er die Frauen aufmerksam ansah, erröteten sie unter ihrem Kopftuch. Alle freuten sich, dass der Pfarrer einverstanden war, Renzo und seine Freunde die heilige Jungfrau tragen zu lassen.

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