Читать книгу Fern von hier. Sämtliche Erzählungen онлайн

131 страница из 163

Plötzlich trat der Großvater ins Zimmer; in der Hand hielt er einen Brief. Er blickte uns nicht an und murmelte; als die Großmutter fragte, was er denn da sage, wiederholte er den Satz und ich verstand, dass Mutter gestorben war. Ich sah, dass die Augen der Großmutter sonderbar flockig wurden; ihr Mund war wie aus dickem, dunklem Leder im weißen Ge­sicht. Ich begann zu zittern und mein Herz schmerzte. Wie im Traum ging ich ans Fenster. Es regnete; die Blumen sanken zu Boden, die Kamine der Häuser lösten sich auf und rutschten über die Dächer. Ich würde nie mehr nach Hause zurückkehren, Mutter von der «Party» erzählen und spüren, dass sie um meine Angst wusste.

Das Telefon

Ein Vogel sitzt auf dem Kamin des gegenüberliegenden Hauses; der Blick in die Glasveranda ist durch einen roten Vorhang verwehrt und hinter dem Dach ragt von einer Baustelle ein Kran in den Himmel. Ich betrachte das Haus jeden Morgen und freue mich. Sonst habe ich nicht viel Grund, mich zu freuen; wenn ich mich in die Zeitung vertiefen will, lese ich statt «Tito möchte entlastet werden» – «Tito möchte entlaust werden» und statt «Bedachungen» – «Beobachtungen» – ich fürchte, nie mehr wird es mir gelingen, mich zu vertiefen, weder in die Zeitung noch in sonst etwas; ich lebe immer mehr ganz außen, und nichts mehr ist verständlich. Auch weiß ich, dass ich ein «Muffel» bin; in einer deutschen Zeitschrift, die Ingrid abonniert hat (ihre ganze Weisheit schöpft sie daraus und aus Frauenzeitschriften; jede Woche verkün­dete sie mir mein Horoskop, und einmal wusste sie zu berichten, das dritte Ehejahr sei ein Krisenjahr; wie recht solche Zeitschriften doch immer haben!), wurde ich mit «Sexmuffel» und «Krawattenmuffel» beschimpft, und außerdem bin ich ein Sport- und Nachmittagsmuffel; ich liebe nur den Morgen: die hellen, leichten Morgen, die beinah davonfliegen und viel versprechen.

Правообладателям