Читать книгу Schluss mit gratis!. Frauen zwischen Lohn und Arbeit онлайн

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Auch bei uns im Büro ist es so. Als Mutter gehöre ich aber zu den ständigen Verliererinnen in diesem Wettlauf um Präsenzzeit – selbst wenn ich mich seriös um die wenige Arbeit kümmere, die mir bleibt. «Pech gehabt, wenn die berufstätige Mutter ihre Arbeit besser macht als andere und effektiver ist, was meiner Erfahrung nach oft der Fall ist – nicht sie diktiert die Spielregeln, sondern die Männer tun es», schreibt Corinne Maier.2 Das Familienleben sei ein Handicap für die Karriere der Frau, während es sich positiv auf die der Männer auswirke. «Warum? Ganz einfach, weil man sie nach 18 oder 19 Uhr kaum noch sieht … Sie ist also kaum verfügbar in den strategisch bedeutenden Arbeitszeiten, in denen das Unternehmen zusammenrückt und seine blind ergebenen Gefolgsleute zählt.»

Was mich fast noch mehr stört, ist die unangenehme Stimmung, die im Büro herrscht. Im Grunde genommen sitzen wir alle im gleichen Boot, verdienen hier unser Geld, langweilen uns mehr, als uns lieb ist. Aber keiner gibt das vor den anderen zu oder fragt sich: «Was machen wir hier eigentlich?» Alle – selbstverständlich auch ich – tun so, als ob die Arbeit das Höchste der Gefühle sei. Ganz offensichtlich ist das aber nicht der Fall. Weil wir keine Arbeit haben, die uns befriedigt und deren Sinn wir sehen, gehen wir uns gegenseitig auf die Nerven: Gnadenlos wird über die «Unfähigkeit» jener getratscht, die nicht anwesend sind; Mütter, die nicht zur Arbeit kommen können, weil das Kind krank ist, werden verdächtigt, «blauzumachen», Notizen, die einen Anruf in Abwesenheit melden, kehren rot korrigiert (wegen eines grammatikalischen Fehlers) auf das eigene Pult zurück. Und wenn es tatsächlich einmal et­was zu tun gibt, wird versucht, diese Arbeit möglichst auf die Kollegen abzuschieben. «Kann irgendetwas stärker demoralisieren, als während seines ganzen Erwachsenenlebens an fünf von sieben Tagen morgens aufzuwachen und dann eine Arbeit zu verrichten, von der man insgeheim glaubt, dass sie nicht verrichtet werden muss – dass sie einfach nur Zeit- und Geldverschwendung ist oder die Welt sogar schlechter macht?», fragt David Graeber, Professor für Anthropologie, in seinem Buch «Bullshit-Jobs».3 In un­serem Büro führt die Bedeutungslosigkeit unserer Jobs dazu, dass wir uns gegenseitig misstrauisch beäugen und uns kaum über den Weg trauen.

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