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Ich stehe auf. Im Gras entdecke ich eine kleine US-Flagge, die Studentin muss sie bei ihrem überstürzten Aufbruch verloren haben. Ich hebe sie auf und stecke sie ein. Was ich ihr gegenüber nicht erwähnt habe, ist eine Frage, die sich nach der 9|11-Attacke in Amerika niemand gestellt hat: Warum hassen sie uns so? Das wäre naheliegend gewesen. Obwohl ich oft in die USA gereist bin und dort großartige Menschen getroffen habe, ist mir dieses Land in seinen Widersprüchen immer noch unergründlich.

Die offizielle Ideologie ging mir ohnedies nie in den Kopf. Bis vor Kurzem galt der Kommunismus als das Böse an sich, als wäre er ein Konzept des Satans.

Doch im Grunde ist es nur die Ideologie einer Gesellschaftsform, also ein Denkmodell, auch wenn dieses brutal missbraucht wurde. Doch war es in Amerika schon immer ratsam, sich eher als Serienkiller zu bekennen als dem Kommunismus nahe zu stehen. Der Sexualität gegenüber ist die Haltung der Amerikaner ähnlich schizophren. Jeden Tag sehen amerikanische Kinder im Fernsehen alle nur denkbaren Formen von Grausamkeit und Mord, doch Menschen, die sich körperlich lieben, sehen sie nie. Das gilt als unanständig und ist verboten. Wenn im Stadtpark ein Mensch einen anderen zu Tode prügelt, ist das zwar verwerflich, aber nichts Besonderes. Wenn sich zwei Menschen dort erotisch verwöhnen, also etwas tun, was Freude bereitet und niemandem schadet, ist das eine obszöne Straftat. Wie krank ist diese Gesellschaft eigentlich?

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