Читать книгу Selbst- und Welterleben in der Schizophrenie. Die phänomenologischen Interviews EASE und EAWE онлайн
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»Beim Gesunden findet sich statt der starren Alternative ein feines Oszillieren zwischen den beiden Polen der Selbstbehauptung und Selbsthingabe. In einer für das Bewußtsein unterschwellig bleibenden Form bildet dieser Vorgang die Grundlage für die Wahrnehmung des Anderen, in gröberer Form für die reale Begegnung mit ihm, sei sie nun freundlicher oder feindlicher Art. Die wechselseitige Bezogenheit der Pole ist dabei nie ganz durchbrochen. Das bedeutet: die Alternativstruktur ist stets mehr oder weniger aufgehoben, erst unter psychopathologischen Bedingungen tritt sie als solche hervor« (Blankenburg 1971, S. 109).
Eine »Tendenz zur Aufspaltung der Erfahrung in Alternativen« ist nach Blankenburg bei Menschen mit Schizophrenie auf vielen Ebenen erkennbar: Sie erleben sich als zerrissen zwischen Desautomatisierung und totalem Automatismus in den Bewegungen, zwischen schablonenhafter Übernahme von Haltungen oder Rollen und autistischem Rückzug in Beziehungen. Oft führe diese Verselbständigung der Alternativen innerhalb der mitmenschlichen Begegnung zum Wahn, da aus dem Vertrauensschwund Misstrauen werde und der Wahn die einzige Möglichkeit sei, mit der Übermächtigung durch das Fremde fertigzuwerden: Der andere werde in seiner Vereinnahmung zum Verfolger, Hypnotiseur, Vergewaltiger oder geheimen Geliebten.