Читать книгу Katharina die Große. Legitimation durch Reform und Expansion онлайн

89 страница из 102

Andere wirtschaftspolitische Maßnahmen waren viel eher umzusetzen. Wohlstand, florierende Agrarproduktion, ein sich dynamisch entwickelndes Manufakturwesen sowie eine wachsende Bevölkerung sollten zur Entwicklung des Imperiums und zu dessen Ruhm beitragen. Peter I., Katharinas Bezugsgröße unter Russlands Herrschern, hatte seine wirtschaftspolitischen Reformen ganz utilitaristisch gesehen und immer nach dem Nutzen für seine Kriege, insbesondere den Großen Nordischen Krieg gefragt. Katharina und ihre Berater dachten diesen Zusammenhang nicht so eng, aber ein prosperierendes Imperium setzte auch die internationale Handlungsfähigkeit voraus – im Krieg und im Frieden.

Die Einladung von Ausländern war Teil eines bevölkerungspolitischen Gesamtkonzepts.24 Die Zarin, ihre Ratgeber und Beamten beriefen sich – ganz auf der Höhe ökonomischen Wissens – auf europäische, besonders deutsche Peuplierungsideen, die von Bevölkerungsreichtum und Ansiedlung als Quelle ökonomischen Wohlstands ausgingen, und orientierten sich an der Praxis Preußens, Österreichs oder Dänemarks. In der Kameralwissenschaft der Zeit, die Katharina kannte und sich zu eigen machte, ging es um die Frage, wie das Vermögen des Staates erhalten und vermehrt werden könne.25 Den ersten der drei Hauptwege zur Vergrößerung des Reichtums sah Johann Heinrich Gottlob von Justi 1755 in der Vermehrung der Einwohner des Landes, besonders »durch fremde bemittelte Personen«, denn diese »zieht nicht nur Vermögen mit ihnen ins Land, sondern befördert auch den Umtrieb des Geldes, als worauf es in dem wahren Reichtum des Staates hauptsächlich ankömmt«.26 Fremde kämen und Einheimische blieben in einem Staat, der gut und mild regiert werde, persönliche Freiheit garantiere, Gewerbe und Manufakturen fördere. Die Ausländer sollten befristet von Abgaben befreit und mit Baumaterialien, Geräten und Krediten unterstützt werden. Katharina II. stellte die Ansiedlung von Ausländern auf eine neue, gesetzliche Grundlage. In ihrem ersten Manifest vom 4. Dezember 1762 versprach sie allen Ausländern, ausgenommen Juden, die sich in Russland niederzulassen wünschten, Schutz und Wohlwollen, und allen russischen Flüchtlingen, die in die Heimat zurückkehrten, Vergebung.27 Mit diesen allgemeinen Wendungen konnten ihre diplomatischen Vertreter im Ausland wenig anfangen und drängten deshalb zu einer schnellen Entscheidung darüber, welche konkreten Zusagen sie den Interessenten machen wollte und wohin die Siedler geschickt werden sollten. Die Kaiserin reagierte prompt mit einem weiteren Manifest vom 22. Juli 1763.28 Es sollte viel größere Bedeutung für ihre Regierung erlangen und legte in der Präambel noch einmal die Grundzüge der bevölkerungspolitischen Werbemaßnahmen dar:

Правообладателям